Klaus Holoch ist Sprecher des Brockhaus-Verlages. Mit ihm unterhielt sich Uwe Wittstock über die Zukunft der Enzyklopädie.
Die Welt:
Soll die 21. Ausgabe der Brockhaus-Enzyklopädie wirklich die letzte gedruckte gewesen sein?
Klaus Holoch:
Wir haben in den letzten zwei Jahren erkennen müssen, dass das Nachschlagebedürfnis der Menschen stark ins Internet abwandert. Die Zeit, in der man sich eine hervorragende Enzyklopädie von anderthalb Meter Umfang ins Regal stellt, um sich dort herauszusuchen, was man wissen will, scheint vorbei zu sein.
Die gedruckten Enzyklopädien waren ein wesentlicher Motor der Aufklärung in Europa. Ist es nicht doch ein beunruhigendes Gefühl, diese Tradition nach 200 Jahren aufzugeben, ohne viel Erfahrung mit dem sehr jungen, kaum erforschten Medium Internet haben zu können?
Wir sind natürlich ziemlich traurig. Wir haben versucht, die 21. Auflage mit einer großen Inszenierung auf der Frankfurter Buchmesse in alle Herzen und Köpfe zu bekommen. Wir fanden ein hervorragendes Medienecho dafür, aber leider zu wenig Käufer. 2007 haben wir das Gleiche noch einmal mit der Künstleredition von Armin Müller-Stahl versucht. Wieder flogen uns die Herzen zu, aber die Kaufbereitschaft blieb aus. Am Ende muss ein Verlag von seinen Verkäufen leben. Die Menschen wollen heute online nachschlagen, das muss man akzeptieren.
Werden Sie, allein durch Werbung finanziert, im Netz die gleichen Qualitätsstandards halten können wie zuvor?
Wir werden der Wissensnavigator im Netz sein. Wir werden dort relevante, richtige und vor allem nicht manipulierbare Informationen anbieten. Wir sind uns sicher, dass wir damit das treffen, was die Menschen wirklich brauchen. Sobald wir so eine hohe Zahl von Zugriffen erzielen, ist auch die Finanzierung gesichert. Denn die Währung wird künftig die Werbung sein.
Ist ein Einfluss von Werbegebern auf die Inhalte der Internet-Enzyklopädie ausgeschlossen?
Das ist sichergestellt. Der Inhaltsbereich wird klar abgetrennt sein vom Werbebereich. Ich sagte ja schon: Ein wesentliches Merkmal von Brockhaus-Online wird die Nichtmanipulierbarkeit von Informationen sein. Das heißt, die Brockhaus-Redaktion prüft und garantiert die Richtigkeit von Einträgen auf ihren Seiten.
Ihr Hauptkonkurrent im Netz, Wikipedia, arbeitet mit freiwilligen Autoren nahezu kostenfrei, auch werbefrei und ist weltweit zur festen Marke geworden - was können Sie dem entgegenhalten?
Wir werden nicht in einen Wettstreit mit Wikipedia eintreten, sondern uns auf uns besinnen. Brockhaus wird dafür stehen, dass man in der unübersichtlichen Internetwelt alle relevanten Informationen findet und dass man sich auf sie verlassen kann. Brockhaus-Online wird stehen für Richtigkeit, Relevanz und Nichtmanipulierbarkeit.