Spannung vor Urteil zu Online-Durchsuchungen
Es geht zwar nur um ein Landesgesetz, doch auch die Bundespolitik wartet gespannt auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern. Das Urteil könnte Bewegung in den Streit um die Kompetenzen des Bundeskriminalamtes bringen.
In dem Verfahren geht es um einen Passus im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz, das als erstes Gesetz das heimliche Ausspähen privater Computer erlaubt. Es wird mit einem Grundsatzurteil gerechnet, das auch für die geplanten Ermittlungsbefugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) entscheidend sein dürfte. In der mündlichen Verhandlung des Ersten Senats im Oktober 2007 hatten die Richter keinen Hehl aus ihrer Skepsis an dem unscharf gefassten Gesetz gemacht.
Nach dem NRW-Gesetz darf der Landesverfassungsschutz E-Mails oder Internet-Chats beobachten. Die Behörden können auf Festplatten gespeicherte Daten ausspionieren. Auch der Zugriff auf Internet-Telefonate ist erlaubt. Der Geheimdienst kann zudem bei Banken Auskünfte über Geldbewegungen verlangen. Der FDP-Politiker Gerhart Baum – einer der Kläger – sprach von einem „Grundrechtseingriff von neuer Qualität“.
Union und SPD streiten seit Monaten über die Aufnahme der Online-Durchsuchung in das BKA-Gesetz. Der Gesetzentwurf liegt deswegen auf Eis. Nach dem Urteil könnte wieder Bewegung in die festgefahrene Debatte kommen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die Union wollen Online-Durchsuchungen unbedingt in dem Gesetzentwurf regeln. Angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität müssten die Möglichkeiten der Ermittler erweitert werden.
Die Sicherheitsbehörden wollen mit speziellen "Trojaner"-Programmen in die Computer Verdächtiger eindringen, um Terroranschläge frühzeitig vereiteln zu können. Dabei spielt vor allem die verschlüsselte Internet-Telefonie eine Rolle, die ohne Zugriff auf den Computer kaum abgehört werden kann. Das BKA argumentiert, dass den Ermittlern ohne die Online-Durchsuchung wichtige Informationen über Verbrechen entgehen.
Schäubles Kabinettskollegin Brigitte Zypries (SPD) ist dagegen zurückhaltend. Die Justizministerin wollte mit der Verabschiedung eines Gesetzentwurfs bis zur Entscheidung aus Karlsruhe warten. Sollte das Verfassungsgericht nicht grundsätzlich nein sagen, will die SPD mit sich reden lassen.
Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hatte in der Anhörung die Frage in den Mittelpunkt gestellt, wie weit der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre reicht. "Diese Fragen werden möglicherweise weit über die hier konkret streitgegenständlichen Vorschriften hinaus Bedeutung erlangen", sagte er.