Durchbruch fürs In-Game-Advertising: Sony lässt Werbung in Spielen für die Playstation 3 zu. Spielemarktführer EA will mitziehen. Wir freuen uns auf tolle Kombinationen und sinkende Preise.
In-Game-Advertising, also Werbung, die mitten im Computer- oder Konsolenspiel eingeblendet wird, ist keine neue Sache. Mit der Ankündigung von Sony, sie ab sofort auf der Playstation 3 zuzulassen und der Zustimmung des Spieleherstellers Electronic Arts (EA), könnte damit demnächst aber erstmals eine nennenswerte Größenordnung erreicht werden.
Die Werbewirtschaft kann künftig in Spielen für Sonys Konsole der dritten Generation Anzeigen schalten. Wer auf der Playstation 3 online spielt, muss damit rechnen, dass Produktwerbung via Internet in den Spielverlauf eingeblendet wird. Die Vermarktung wird nach Angaben von Sony die New Yorker Firma IGA Worldwide übernehmen. Mit ihr wird auch EA zusammenarbeiten, wie das Spieleunternehmen am Mittwoch bestätigte.Wie US-Medien am Mittwoch und Donnerstag berichteten, stehen nach Angaben von IGA Worldwide erste Unternehmen für die Anzeigenschaltung in Spielen bereit. So arbeite die Modefirma Diesel schon an einem Konzept fürs In-Game-Advertising und auch der US-Konsumgüterhersteller Procter & Gamble werde Anzeigen für Playstation 3-Spiele schalten. Ob die Werbung nur im Online-Modus eingeblendet wird oder von vorneherein auch in Offline-Spielen enthalten sein wird, wurde bislang nicht bekannt.
Xbox 360 und Wii
Auf Microsofts Spielkonsole Xbox 360 sind Anzeigen in Spielen schon länger möglich. So weisen etwa bei Sportspielen die Banden im Stadion gelegentlich auch Anzeigenkunden aus, insgesamt hält sich die Reklame noch Grenzen. US-Marktforscher schätzen aber, dass sich die Anzeigenerlöse im Bereich In-Game-Advertising in den nächsten drei Jahren mehr als verzehnfachen könnten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass derzeit Computer- und Konsolenspiele im IT-Sektor boomen wie nichts anderes. Einerseits gelten die typischen Spieler, junge Männer zwischen 16 und 30 Jahren für Werber als attraktive Zielgruppe. Andererseits hat vor allem Nintendo mit seiner Konsole Wii den Spielemarkt jenseits der klassischen Gamer-Szene für Frauen, Familien und Ältere geöffnet. Sollte sich nun auch Nintendo beim In-Game-Advertising weiter bewegen, so gäbe es wohl tatsächlich kein Halten mehr.
Nachteile
Die Nachteile sind klar: Mitten in der spannendsten Szene – man hebt im Shooter gerade das Gewehr, dribbelt im Fußballspiel kurz vor dem Strafraum herum, ist in «Grand Theft Auto V» kurz davor der Polizei zu entkommen – klatscht uns etwa Diesel eine Werbung für die neue Sommerkollektion in Quietschrosa vor die Augen: Beim Fußball auf der Bande, in GTA 5 als blinkendes Banner am Straßenrand, im Shooter vielleicht sogar als T-Shirt, das der Gegner trägt, der einen gerade unter Feuer nimmt.
Denkbar ist auch, dass die schon jetzt in manchen Sport- und Autorennspielen vorhandene Abbildung bestimmter Marken zunehmen wird. Bei Fußball-Matches tragen die Spieler Schuhe von Adidas oder ein Trikot von Nike, Gran Tourismo wäre ohne die enge Kooperation mit Autoherstellern weniger authentisch und erfolgreich.Gut möglich also, dass Weiterentwicklungen bekannter Spiele oder neue Games noch detailtreuer werden und damit zusätzliche Einnahmen erzielen: Die Ergänzung «Skate» für die Wii Fit könnte Werbung für die Hersteller von Skateboards und Schutzkleidung enthalten, Grand Theft Auto V mit Markenkleidung und -schusswaffen aufwarten.
Vorteile
Aus vielen Spielerforen schlägt einem bei diesem Thema schon länger der offene Hass entgegen. Man kann das nachvollziehen, vor allem dann, wenn es nicht bei den geschilderten Werbeformen bliebe, sondern ähnlich wie aktuell in den Programmen der privaten Fernsehsender Reklameblöcke als Spielunterbrechungen folgten. Oder wenn, um bei Grand Theft Auto zu bleiben, Niko Bellic völlig Markenlabel-overdressed durch Liberty City stolzierte.
Aber so arg muss ja gar nicht kommen. Man hat sich im Alltag daran gewöhnt, dass die uns umgebende Welt voller Werbung ist - die realen Städte, Straßen und Sportstadien, aber auch Medien und Webseiten, sind voll davon. Sie im Spiel abzubilden, sollte uns nicht schockieren. Lustige Effekte wären möglich: «'Wii Fit' wird Ihnen präsentiert von Allgäuer Latschenkiefer»; in «Spore» wirbt der Verband der US-Kreationisten für seine Sicht auf die Evolution des Lebens; «Sid Meier's Civilization Revolution» enthält Reklame von Ländern, die sich als Urlaubsziel (und nicht als potenzieller Kriegsgegner) anbieten. Und noch einen großen Vorteil könnte das In-Game-Advertising haben: Dass Konsolenspiele, die heute zwischen 40 und 70 Euro kosten («GTA IV» ab 55 Euro, «Haze» 70 Euro, «Uefa Euro 2008» 40 Euro), dann vielleicht für die Hälfte des jetzigen Preises zu haben wären.
Dann wäre das In-Game-Advertising nur halb so schlimm. Aber auch nur dann.