Die Medienindustrie will in Urheberrechtsverfahren gegen Filesharing-Nutzer zukünftig keine eindeutigen Beweise mehr vorlegen müssen. Diese seien zu schwierig zu beschaffen, heißt es in einem Schreiben einer Anwältin des Film-Branchenverbandes MPAA.
Hintergrund ist das derzeit laufende Verfahren des Musik-Labels Capitol Records gegen die Nutzerin Jammie Thomas. Diese soll 24 Songs zum Download bereitgestellt haben. Die Musikfirma verlangte pro Datei einen Schadensersatz von 150.000 Dollar. Letztlich wurde Thomas zur Zahlung von 220.000 Dollar verurteilt.
Allerdings kündigte der zuständige Richter eine erneute Prüfung des Falles an. Hintergrund ist eine neu ausgearbeitete Argumentationskette, die von Rechtsexperten der Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) zusammengestellt wurde. Die EFF unterstützt auch die Verteidigung Thomas'.
Nach Ansicht der Organisation stellt die alleinige Bereitstellung einer Datei im Shared-Ordner noch keine Urheberrechtsverletzung dar. Erst wenn der Song wirklich von einem anderen Nutzer heruntergeladen wurde, ist demnach gegen das Gesetz verstoßen worden. Die Musikindustrie könne hierfür aber keine eindeutigen Beweise vorlegen, sondern sich nur auf Indizien stützen.
Immerhin ermitteln die Fahnder der Branche nur, welche Dateien zum Download verfügbar sind. Tests, ob sich das Musikstück auch wirklich herunterladen lässt, fänden hingegen nicht statt. Doch selbst wenn die für die Musikindustrie tätige Firma MediaSentry probeweise einen Download startet, findet nach Angaben der EFF keine Urheberrechtsverletzung statt. Schließlich seien die Ermittler von der Musikindustrie für den Zugriff autorisiert.
Auf dieser Grundlage wird der Richter nun entscheiden müssen, ob er Thomas das Recht einräumt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Die Chancen dafür stehen offenbar gut.