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London (Reuters) - Der Medienmogul Rupert Murdoch stellt als Reaktion auf den ausufernden Abhörskandal bei "News of the World" die auflagenstärkste britische Sonntagszeitung komplett ein.Völlig überraschend hieß es am Donnerstag in einer Erklärung seines Sohnes James Murdoch, die Ausgabe des Boulevard-Blatts am Wochenende werde die letzte sein. In den vergangenen Tagen waren immer neue Vorwürfe gegen Journalisten der vor 168 Jahren gegründeten Zeitung an die Öffentlichkeit gelangt. Sie sollen Tausende Telefone abgehört haben, unter anderem von Verwandten getöteter britischer Soldaten und vermisster Kinder sowie den Todesopfern der Bombenanschläge 2005 in London.
Sollten die Beschuldigungen wahr sein, sei das Verhalten der Journalisten unmenschlich gewesen, hieß es in einer Erklärung von James Murdoch. Er leitet die britische Zeitungssparte des Medienimperiums News Corp. Für sie gebe es "keinen Platz in unserem Unternehmen", sagte der Sohn des Imperiumsgründers weiter. Der zuständige Verlag News International erklärte, die Einnahmen aus der am Sonntag verkauften Ausgabe würden einem wohltätigen Zweck gespendet. Zudem würden keine Anzeigen geschaltet. Ob der in den USA ansässige Konzern anstelle der "News of the World" einen neuen Titel auf den Markt bringt, war zunächst unklar. Zuletzt wurden von der Wochenzeitung rund 2,6 Millionen Exemplare verkauft.
"KEINER VON UNS HAT ETWAS UNRECHTES GETAN"
Von der Schließung sind etwa 200 Journalisten betroffen, von denen sich viele schockiert zeigten. "Wir haben das überhaupt nicht erwartet", hieß es in Redaktionskreisen. "Keiner von uns hat etwas Unrechtes getan. Wir haben gedacht, dass wir den Sturm überstehen", sagte ein Journalist der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Abhörskandal dauert seit Jahren an. Er hatte sich jedoch in den vergangen Tagen mit weiteren Vorwürfen zugespitzt. Auch Werbekunden sprangen ab. Am Mittwoch hatte Premierminister David Cameron eine umfassende Untersuchung der Affäre gefordert. Ein Sprecher Camerons betonte am Donnerstag nach Bekanntgabe der Schließung, die Verantwortlichen für das Fehlverhalten müssten vor Gericht gestellt werden.
Für Rupert Murdoch kam der Skandal zur Unzeit. Er setzt derzeit alles daran, mit News Corp den britischen Satellitensender BSkyB zu übernehmen. Zuletzt versicherte die Regierung, der Skandal und die Übernahme stünden nicht in Verbindung. Allgemein wird kritisiert, dass der in Australien geborene 80-jährige Murdoch durch das Geschäft zu viel Medienmacht in seinen Händen vereinen würde. Oppositionsführer Ed Miliband forderte, die Übernahme müsse an die Europäische Kommission verwiesen werden.
Nachdem die News-Corp-Aktie am Mittwoch mehr als fünf Prozent in New York gefallen war, tendierte sie am Donnerstag im Verlauf kaum verändert.
Quelle: Reuters.com