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[h=1]Heidemann gewinnt Silber nach dramatischem Abend[/h] Unter kuriosen Umständen holt Britta Heidemann Silber, die erste Medaille für die deutsche Mannschaft. Es war ein denkwürdiger Abend in London. Das eigentliche Drama fand bereits im Halbfinale statt. Von Wigbert Löer, London
ie Bewertungen schossen hoch an diesem Abend in der Londoner Fecht-Arena, historisch, heiß, legendär, einzigartig. Und schon bevor das Finale zwischen Britta Heidemann und der Ukrainerin Yana Shemiyakina begann, stand ein Gewinner fest: Das Fechten, das in Deutschland nur ein paar tausend Sportler betreiben und auch nicht sehr viel mehr Menschen verstehen, wird von diesem Ereignis profitieren. Er wurde schlicht bekannter durch all das, was da im Osten Londons geschah.Das Finale verlief durchaus spannend – und doch ist es vergleichsweise schnell erzählt. Heidemann geriet gleich in Rückstand. Irgendwann schaffte sie den Ausgleich zum 7:7. Dann stand es 8:8. Dann gelang der Ukrainerin der Siegespunkt.
[h=3]Heidemann mit starken Nerven[/h]Britta Heidemann bedankte sich anschließend kurz bei den deutschen Fans. Sie wusste, dass sie Protagonistin eines großen Abends geworden war, auch wenn ihr der Verlauf nicht gefallen konnte.
Die Titelverteidigerin hatte sich die mentale Kraft für diesen Wettkampf auch an diesem dritten Tag geholt, hatte im Laufe des Turniers einen Rückstand aufgeholt, hatte knapp gewonnen, hatte starke Nerven bewiesen. Dann begann das Halbfinale gegen die Südkoreanerin Shin-A Lam, ein Halbfinale, das nicht enden wollte. Es stand unentschieden, es ging in die Verlängerung. Der Koreanerin war Priorität zugelost worden, damit reichte ihr nun ein Unentschieden.
Britta Heidemann griff an, immer wieder, oft ohne Punktgewinn. Sekunden vor Schluss stand es 5:5. Die Uhr zählte zurück und zeigte noch eine Sekunde an. Da nun gelang der Deutschen das 6:5. Die Schiedsrichterin gab den Punkt, Heidemann jubelte. Ihre Gegnerin weinte.
[h=3]Kuriose Umstände im Halbfinale[/h]Doch plötzlich war fraglich, ob Heidemann diesen letzten, entscheidenden Punkt noch innerhalb der Wettkampfzeit erzielt hatte. Mehr als eine halbe Stunde lang ließen die Offiziellen die Athleten im Ungewissen, besprachen sich, werteten Zeitlupen aus, telefonierten. Die Trainer der Fechterinnen empörten sich, wandelten fassungslos in der Halle herum. Irgendwann saßen sie zusammen, ein langer Deutscher, ein kleiner Koreaner, eine Schicksalsgemeinschaft.
Dann erklärte die Technische Kommission Britta Heidemann zur Siegerin. Die Schiedsrichterin, eine Österreicherin, rannte weinend aus der Halle, überwältigt offenbar von den Emotionen, die dieses Halbfinale freisetzte. Britta Heidemann sprang auf, sie schrie, sie ließ ihre Anspannung heraus mit Gesten und Posen, die man von wütenden Tennisspielern kennt. Dann verschwand sie, um sich auf das Finale vorzubereiten.
"Es gab nichts zu diskutieren, ich habe einen regulären Treffer gesetzt. Ich hätte mir allerdings einen anderen Finaleinzug gewünscht", sagte sie noch. Damit war das Drama aber nicht beendet. Die Südkoreanerin blieb auf der Planche sitzen – das bedeutete, dass ihr Land einen Protest gegen das Urteil prüfte. Shin-A Lam, sie saß und saß und saß im Scheinwerferlicht, dann stand sie. Fast eine Stunde schon war der Wettkampf unterbrochen und dann beendet. Und doch stand noch immer nicht fest, wer ins Finale einziehen würde. Das hätte laut Ablaufplan exakt in dieser Minute beginnen sollen.
[h=3]Shin-A-Lam in der Halle gefeiert[/h]Um 20 Uhr war klar, dass Südkoreas Protest abgeschmettert war. Shin A-Lam liefen die Tränen über ihr Gesicht. Mit lautem Applaus wurde sie aus der Halle geleitet. Der Respekt war zu spüren, überall auf den Tribünen. 13 Minuten später kam sie zurück auf die Planche, um sich die Bronzemedaille zu erfechten – und wurde mit 15-sekündigem frenetischen Applaus und Getrampel begrüßt. Nahezu jeder in der Halle wünschte sich nun Bronze für Lam.
Bei jedem Punkt, der ihr gelang, toste dann Beifall, und tatsächlich lag Lam gegen ihre körperlich größere Gegnerin, die Chinesin Yuyie Sun, bald mit 3:0 vorne. Irgendwann glich die Chinesin zum 7:7 aus, doch die Koreanerin ging erneut in Führung. Am Ende aber reichte die Kraft nicht für Shin A-Lam. Sie hat ihren Platz in der Geschichte der Olympischen Spiele 2012 – als am kräftigsten gefeierte Vierte.
Olympia 2012: Fechten: Heidemann gewinnt Silber nach dramatischem Abend - Sport | STERN.DE
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