vom 11.11.2012 00:00
Hamburg – ARD und ZDF kündigen Einspeiseverträge. Kabel Deutschland verklagt die Sendeanstalten. Ohne eine schnelle Einigung droht auch im Norden der Wegfall mehrerer Programme.
Jetzt droht der TV- Eklat: Jahrelang haben die öffentlich-rechtlichen Sender für die Einspeisung ihrer Fernsehprogramme an die großen Netzbetreiber Kabel Deutschland und Unitymedia Kabel BW bezahlt. Ab dem 1. Januar verweigern ARD und ZDF jede weitere Zahlung. Kabel Deutschland verklagt die Sender. Der Dumme dabei könnte der Fernsehzuschauer sein, der möglicherweise nur noch ein abgespecktes Programmangebot empfangen kann. Die ARD ist nicht zum Einlenken bereit: „Wir werden nicht mehr zahlen“, heißt es dort kategorisch.
Gelingt keine Einigung, müssen Fernsehzuschauer im Norden damit rechnen, dass ihnen die hochauflösende Qualität von HD-Fernsehen zum Jahreswechsel verloren geht. Zusätzlich könnten Spartensender wie Eins-Plus oder ZDF- Neo vom Bildschirm verschwinden. Nach Angaben von Kabel Deutschland fallen diese Programme für Schleswig-Holstein nicht unter die gesetzliche „must carry“-Regelung, die eine Verbreitung vorschreibt. Die ARD hat zudem die Drohung vernommen, dass auch einige dritte Programme aus dem Angebot fliegen könnten. Kabel Deutschland bestätigt offiziell, sein „Leistungsspektrum, das wir den Öffentlich-Rechtlichen zur Verfügung stellen, zu überprüfen“. Ganz aus dem Kabel rausschmeißen können die Netzbetreiber ARD und ZDF allerdings nicht. Bestimmte Angebote der Grundversorgung müssen laut Rundfunkstaatsvertrag verbreitet werden.
Die Fronten im Vertragspoker sind verhärtet. „Parallel zu Gesprächen haben wir uns entschlossen, gegen die Landesrundfunkanstalten von ARD und ZDF zu klagen“, teilt Magdalena Palewicz, Sprecherin von Kabel Deutschland, mit. Ein von Medienrechtlern der Universität Hamburg erstelltes Gutachten bestätige die eigene Auffassung, dass ARD und ZDF wie bisher Einspeisentgelte zahlen müssen. Die Expertise lasse sich auf die kurze Formel bringen: „Must carry = must pay“ (was übertragen werden muss, muss bezahlt werden). Zuletzt legten die Öffentlich-rechtlichen 60 Millionen Euro jährlich auf den Tisch. 27 Millionen davon flossen an Kabel Deutschland.
Bei der ARD hält man die fristgerecht gekündigten Verträge für ein Relikt aus einer anderen Zeit. Tausende kleiner regionaler Kabelanbieter bekämen kein Geld für die Programmeinspeisung. Es sei nicht einzusehen, dass Gebühren an Unternehmen gezahlt würden, die mit der Vermarktung des Programms gutes Geld verdienten. Nirgendwo sonst in der Welt sei das üblich, erklärt Sprecherin Brigitte Busch. Im Gegenteil: In den USA müssten Kabelnetzbetreiber an die TV-Kanäle zahlen, damit sie deren Programme verbreiten dürfen. Erste gerichtliche Anhörungen sind auf Mitte Dezember terminiert.