Franz Müntefering tritt von seinen Funktionen als Vizekanzler und Bundesarbeitsminister zurück. Das hat das Bundesarbeitsministerium am Dienstag bestätigt. Die "Berliner Zeitung" hatte zuvor über den Rücktritt des SPD-Politikers mit Berufung auf Koalitionskreise berichtet. Der Schritt erfolge aus "rein familiären Gründen", sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums.
Frau schwer krank
Münteferings Frau ist seit Jahren an Krebs erkrankt. Sie hatte sich in der vergangenen Woche zum wiederholten Mal einer Operation unterziehen müssen.
Scholz und Steinmeier sollen nachfolgen
Müntefering werde seine Ämter noch im November niederlegen, sagte der Ministeriumssprecher. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Olaf Scholz, soll nach Informationen der "Berliner Zeitung" neuer Bundesarbeitsminister werden. Das Amt des Vize-Kanzlers soll den Angaben zufolge Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier übernehmen. Zuvor hatte es aus Regierungskreisen geheißen, als Nachfolger Münteferings in beiden Ämtern sei SPD-Chef Kurt Beck im Gespräch.
Nicht an Koalitionsrunde teilgenommen
In der Nacht waren Verhandlungen von Union und SPD über das Arbeitslosengeld I, einen Mindestlohn für Postzusteller und die Teilprivatisierung der Bahn zu Ende gegangen. Die SPD hatte die Union danach teilweise hart angegriffen. Die Koalition hatte sich nicht auf den von der SPD und Müntefering geforderten Mindestlohn für die Briefdienste einigen können. Der Vizekanzler hatte allerdings an dieser Koalitionsrunde und an einer anderen am 4. November aus familiären Gründen nicht teilgenommen.
Tragende Säule der Regierung
Ob der überraschende Rückzug des Vizekanzlers eine größere Kabinettsumbildung nach sich zieht, blieb zunächst offen. Müntefering galt als tragende Säule der Großen Koalition. Das Verhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel galt als gut. Dagegen gab es Spannungen zwischen Müntefering und SPD-Chef Kurt Beck. Zahlreiche Beschlüsse in der Koalition erfolgten zuletzt gegen den Willen des Bundesarbeitsministers. Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein sagte: "Es besteht jetzt Anlass zur Sorge, dass sich der mit dem SPD-Parteitag eingeleitete Linksruck bei der SPD ohne Franz Müntefering in seinen bisherigen Funktionen noch weiter verfestigen und verstärken wird."
"Gründe verdienen Respekt"
Agrarminister Horst Seehofer lobte Müntefering als verlässlichen Kollegen. "Die Rückzugsgründe verdienen höchsten Respekt", sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende. "Franz Müntefering ist ein hochkompetenter, geradliniger und verlässlicher Kabinettskollege."
Ramsauer: Weitere Veränderungen nicht zwingend
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hat den Rücktritt Münteferings. Nach seiner Auffassung hat der Koalitionsausschuss keinen Grund für diesen Schritt geliefert, sagte Ramsauer in Berlin. Nach dem Rücktritt sei es nicht zwingende Logik, dass weitere personelle Veränderungen im Kabinett vorgenommen werden müssten. Die Entscheidung des Minister stellt nach seinen Worten auch keine gefährliche Situation für die große Koalition dar. Müntefering sei ganz sicher ein stabilisierender Anker der Koalition gewesen.
Seit zwei Jahren im Amt
Müntefering ist seit dem Regierungsantritt der Großen Koalition im November 2005 Bundesarbeits- und Sozialminister. Das Amt des SPD-Vorsitzenden hatte er zwischen März 2004 und November 2005 inne.
Quelle :http://onnachrichten.t-online.de/c/13/38/52/10/13385210.html