[SIZE="4"]Im Monate langen Koalitionsstreit um die Reform der Erbschaftsteuer rückt ein Kompromiss näher. Spitzenvertreter von Union und SPD sind am Montag in Berlin zu einer - womöglich entscheidenden - Verhandlungsrunde zusammengekommen.[/SIZE]
Eine Lösung noch am Abend wurde von Teilnehmern aber ausgeschlossen. Wie es am Rande des Treffens hieß, sollen die Gespräche voraussichtlich an diesem Donnerstag fortgesetzt werden. Vertreter von Union und SPD sagten jedoch übereinstimmend, dass die Verhandlungen auf gutem Weg seien. Eine Einigung wurde nicht ausgeschlossen. Umstritten sind vor allem Steuerbegünstigungen für Firmenerben.
Unmittelbar vor den Gesprächen ließ SPD-Fraktionschef Peter Struck die Bereitschaft zu weiteren Nachbesserungen zugunsten mittelständischer Familienbetriebe erkennen. Der scheidende CSU-Chef Erwin Huber beurteilte die Chancen für eine schnelle Einigung dagegen weiter skeptisch. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte ein Signal der Entlastung. Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer müsse den Generationswechsel in Familienunternehmen erleichtern.
Den Durchbruch sollte eine Arbeitsgruppe mit je sechs Vertretern von Union und SPD unter Vorsitz der Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Struck erzielen. An den Verhandlungen nahmen auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) teil, die bereits einen ersten Koalitionskompromiss für die Reform ausgehandelt hatten. Der Zeitdruck ist hoch. Schon Mitte Oktober soll der Bundestag den Reformplänen zustimmen, Anfang November der Bundesrat.
Nach dpa-Informationen zeigte sich die SPD bereit, die für einen Steuererlass nötigen Fristen für die Betriebsfortführung und den Arbeitsplatzerhalt nochmals zu verkürzen. Die SPD könne sich eine Haltefrist für Unternehmen von unter zehn Jahren vorstellen. Damit käme sie der Union und der Wirtschaft nochmals entgegen.
Ein Entgegenkommen habe aber nur Sinn, wenn die CSU bei einer bundeseinheitlichen Regelung der Steuer bleibe und auf Regionalisierungspläne verzichte, hieß es in der SPD-Führung. Vor allem Bayern und Baden-Württemberg fordern, die Freibeträge für das steuerfrei zu vererbende oder zu schenkende Vermögen nach Regionalprinzipien selbst festlegen zu können. Sie wollen so Bewertungsgefälle bei Häusern und Grundstücken abfangen.
Huber bekräftigte die CSU-Forderung, dass die Erbschaftssteuer schneller wegfallen müsse, wenn der Betrieb nach dem Erbfall fortgeführt wird. Er sprach sich für eine Frist von unter zehn Jahren aus. Außerdem wollen die Christsozialen die Übertragung von selbst genutztem Wohneigentum steuerfrei stellen. «Das sind für uns big points (große, zentrale Punkte)», sagte Huber.
Bislang nehmen die Länder aus der Erbschaftsteuer rund vier Milliarden Euro ein. Huber sagte, wenn es künftig weniger würden, gehe die Welt nicht unter. Die SPD pocht dagegen darauf, dass trotz Korrekturen der Gesetzespläne das Steueraufkommen mindestens gleich bleiben müsse. Das Geld fließt nur den Ländern zu.
Die neue Erbschaftssteuer muss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr beschlossen werden, sonst fällt sie zum 1. Januar 2009 weg. Betriebsvermögen und Immobilien müssen künftig marktnäher und damit höher bewertet werden. Aber auch nach der Reform soll es Freibeträge und unterschiedliche Steuersätze je nach Verwandtschaft und Vermögenshöhe geben. Für die meisten Bürger sind nicht die Firmenprivilegien, sondern die künftigen Schongrenzen und Freibeträge sowie Steuersätze beim Erbschafts- und Schenkungsvermögen wichtig.
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