ZitatDass die HD-Ableger der privaten Fernsehsender RTL und Pro Sieben Sat 1 noch immer nicht in den großen Kabelnetzen zu empfangen sind, hängt einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ (FTD, Ausgabe vom 7. Juni) zufolge mit einem Streit um die Kosten zusammen. Die Privatsender weigerten sich, so die FTD, den Kabelfirmen für ihre HD-Programme höhere Einspeisegebühren zu bezahlen. Damit gerate das deutsche Modell, wonach die Sender für die Einspeisung bezahlen, ins Wanken. Aus Sicht der Kabelnetzbetreiber erkaufen sich die Sender Reichweite und somit Attraktivität bei den Werbekunden. Nach Informationen der FTD erhält beispielsweise Kabel Deutschland jährlich rund 100 Millionen Euro Einspeiseentgelte, je ein Drittel steuerten dabei die öffentlich-rechtlichen Sender, die Privaten und der Pay-TV-Betreiber Sky bei, hieß es.
Die Programmanbieter dagegen wollen dem Bericht zufolge die Einspeisegebühren langfristig komplett loswerden. „Natürlich geht die Intention dahin, für die Verbreitung nichts zu bezahlen“, zitiert die Zeitung Senderkreise. Schließlich seien die Kabelnetzbetreiber auf die Inhalte der Sender angewiesen, so die Argumentation. Die Sender wollten nun die Digitalisierung als Gelegenheit nutzen, die Verträge entsprechend neu zu verhandeln. „Das ist eine grundlegende Verschiebung vom Transportmodell zum Vermarktungsmodell“, meint Klaus Böhm, Medienexperte der Unternehmensberatung Deloitte.
Die Programmanbieter würden zusätzlichen Druck machen, indem sie nur über einen Vertrag für alle Angebote verhandelten, schreibt die FTD. RTL lehne Verträge über einzelne Sender ab, genauso wie Pro Sieben Sat 1, zitiert das Blatt Branchenkreise.
Hier drohe offenbar ein „wettbewerbswidriges Junktim“, hatte Heinz-Peter Labonte, Geschäftsführender stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands für Rundfunkempfangs- und Kabelanlagen (FRK), zuvor in einem Digitalmagazin-Interview erklärt. „So scheint es aktuell nicht möglich, die neuen HD+-Programme in Gemeinschaftsantennenanlagen nach dem gleichen Geschäftsmodell wie über das Geschäftsmodell der DTH-Haushalte zu nutzen. Die Sender scheinen offensichtlich nur bereit, dies zu gestatten, wenn auch die bisher wie bei den DTH-Haushalten frei und unverschlüsselt empfangbaren SD-Programme verschlüsselt werden“, erklärte der FRK-Vertreter. Er forderte, dass jeder Netzbetreiber die Freiheit behalten sollte, sich für ein eigenes Geschäftsmodell entscheiden zu können.
Andere Vertreter der Kabelbranche, die die Forderungen der Programmveranstalter als „überzogen“ kritisierten, sehen dies ähnlich. „Jeder Netzbetreiber sollte frei wählen können, ob er sich für ein Geschäftsmodell mit oder ohne Grundverschlüsselung entscheidet“, hatte Peter Charissé, Geschäftsführer des Kabelnetzbetreiberverbandes ANGA, gegenüber dem Branchendienst „Kontakter“ gefordert. Sollte das Kartellamt den Privatsendern daher signalisieren, dass sie den Kabelnetzbetreibern eine Verschlüsselung nicht aufzwingen dürfen, würden dies viele der kleineren Netzbetreiber begrüßen, sagte Charissé.
Quelle: infosat.de