Seit seinem ersten Tag als Bundesminister galten Stephanie (34) und Karl-Theodor (39) zu Guttenberg (hier 2009 bei den Bayreuther Festspielen) als das Traumpaar der deutschen Politik
Karl-Theodor zu Guttenberg hat in zwei Jahren alles erlebt, ein ganzes Politikerleben. Atemberaubender Aufstieg.
Traumwandlerisch sicherer Höhenflug. Brutaler Absturz.
Alles gelang.
Alles schien möglich.
Alles Asche.
Ende 2002 kommt Guttenberg in den Bundestag. Sechs Jahre sitzt er dort, macht für die CSU Außenpolitik, wird geachtet, kommt herum, aber fällt nicht auf.
Anfang 2009 wird er urplötzlich Wirtschaftsminister, ist nicht einmal erste Wahl. Der rasende Lauf beginnt. Nach oben.
Als Guttenbergs Frau Stephanie das erste Mal als Vorsitzende ihres Vereins „Innocence in Danger“ auftritt, sitzt ihr Mann, der frischgebackene Minister, in der zweiten Reihe abseits im Publikum, liest Akten und wirkt zum Platzen stolz.
Dann geht es immer schneller, und manchmal sagen die Guttenbergs selbst: „Zu schnell, zu hoch.“
Bei der Bundestagswahl 2009 schafft Guttenberg das beste Erststimmen-Ergebnis in ganz Deutschland. Er wird Verteidigungsminister, Befehlshaber von mehr als 200 000 Soldaten.
Alles passt, kein Parkett ist zu glatt: auf der Münchner Sicherheitskonferenz in fließendem Englisch, auf der Couch bei „Wetten, dass ..?“, bei den Bayreuther Festspielen oder im Bundeswehr-Feldlager Kunduz. Guttenberg allein, die Guttenbergs zu zweit. Immer stimmt der Ton, passen die Gesten, sitzen Kleidung, Frisur.
Es ist eine Art schwerelose Perfektion. Eine, die den Opernball mit AC/DC-Krachrock versöhnt. Smoking mit Dosenbier. Das Wort „Anstand“ mit Berufspolitik.
Guttenberg steigt zum beliebtesten Politiker Deutschlands auf, weit vor der Kanzlerin. Die Blätter überschlagen sich. „Der coole Baron“ titelt der „Stern“. „Paarlauf ins Kanzleramt“ der „Spiegel“. BILD findet die Guttenbergs „GUTT!“.
Es ist „eine sich verstärkende Doppelprominenz, die beide gewinnbringend einsetzen. Ein solches Glamour-Paar hat es in der deutschen Politik noch nicht gegeben“, schreiben die Journalisten Eckart Lohse und Markus Wehner, in ihrer neuen Biografie „Guttenberg“.
Aber da ist mehr als nur Glamour.
Als Verteidigungsminister Guttenberg gefallener Soldaten gedenken muss, stehen die Särge nicht wie sonst in einem Hangar, sondern in einer Kirche. Das Land schaut gerührt zu, die Kanzlerin in der ersten Reihe.
Guttenberg holt den Afghanistan-Einsatz in die deutschen Wohnzimmer. Er nennt ihn einfach beim Namen: „Krieg“. Endlich, denken Millionen Deutsche. Es ist, als hätte einer gesagt: „Der Kaiser ist nackt.“ Und plötzlich sehen es alle.
Genauso, als es um die Wehrpflicht geht. Guttenberg hatte sie immer verteidigt, bis er merkt: Die Zeit ist um. Dann spricht er es einfach aus, und in wenigen Monaten hat er die nötigen Mehrheiten beisammen.
Affären? Zickzack-Momente? Impulsives Handeln? Keine Kritik, kein Untersuchungsausschuss kann Guttenberg etwas anhaben, so scheint es. Auch keine eigenen Fehler, die er behände lächelnd korrigiert, als wäre nichts gewesen.
Guttenberg scheint die Antwort zu sein auf alle politischen Personalfragen des Landes. CSU-Vorsitz? Bayerischer Ministerpräsident? Kanzler? Guttenberg!
Seine Frau trägt ihren Kampf gegen Kindesmissbrauch ins RTL2-Fernsehen. Viel Kritik, aber noch mehr Lob.
Sie scheinen schier unverwundbar. Jeder für sich. Beide zusammen.
Dann, vor 12 Tagen, die ersten Hinweise auf Ungereimtheiten in der Doktorarbeit, enthüllt von der „Süddeutschen Zeitung“. Die Vorwürfe werden härter, verdichten sich zur Gewissheit – die Arbeit ist nichtig, weitgehend wertlos.
Man will es irgendwie nicht glauben, auch Guttenberg selbst nicht – und das ist ein fataler Fehler. Stück um Stück weicht er zurück, zum ersten Mal tief in der Defensive, blass, fahrig, nervös.
Die Mehrheit der Wähler hält zwar zu ihm, die Kanzlerin auch. Aber das reicht nicht. Der Druck aus allen Ecken wird immer größer.
Dann ist Karl-Theodor zu Guttenberg weg. Und eine zweite Chance, wenn überhaupt, in sehr weiter Ferne.
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Brutaler Absturz
Der durch die Doktortitel-Affäre ausgelöste Druck wurde einfach zu groß ...
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) tritt als Verteidigungsminister zurück. Und er wird nach BILD-Information auch sein Bundestags-Mandat niederlegen!
Als Minister bleibt er geschäftsführend im Amt, bis seine Nachfolge geregelt ist.
Ein schwerer Schlag für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)! Sie hat Guttenbergs Gegner jetzt attackiert, ihnen Scheinheiligkeit vorgeworfen. „Soviel Scheinheiligkeit und Verlogenheit war selten in Deutschland”, sagte Merkel am Dienstag bei einem Wahlkampfauftritt in Karlsruhe. Der Opposition gehe es nicht um den Erhalt der wissenschaftlichen Werte, sondern vor allem um die Schwächung der Union. „Wir müssen uns von niemandem erklären lassen, was Anstand und Ehre in unserer Gesellschaft sind.”
Quelle : Guttenberg-Rücktritt: Der beliebte Verteidigungsminister geht - Politik - Bild.de