Nachdem der frühere Premiere-Chef Georg Kofler wegen möglicherweise überhöhter Abo-Zahlen bei dem Bezahlsender ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten ist, beschäftigte sich die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Wochenendausgabe ausführlich mit dem Fall.
Rund 620.000 an Partner wie den Tankstellenriesen BP oder das Versandhaus Otto verteilte Coupons sollen nie als Abonnements freigeschaltet worden sein, berichtete das Blatt unter Berufung auf Ermittlunsunterlagen. Obwohl also niemand zugeschaut habe, seien diese Coupons als Abonnements gezählt worden, hieß es.
Ein früherer Finanzchef soll zudem das Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel"bewusst oder unbewusst - angelogen haben. Im September 2008 berichtete die Zeitschrift erstmals über vermeintlich falsche Abozahlen.
Premiere habe keine Abonnements, für die nicht bezahlt werde, versicherte der Unternehmensvertreter im "Spiegel". Ein Konzernsprecher erklärte dies damals auch gegenüber SAT+KABEL, dementierte angebliche Karteileichen hart, eine Rechtsanwaltskanzlei forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegen anderslautende Behauptungen. Die Ermittler glauben dagegen, dass Premiere schon frühzeitig gewusst habe, dass die Angaben nicht korrekt gewesen seien. Die Beteiligten weisen dies unisono und entschieden zurück.
Der Aktienkurs war damals um gut 50 Prozent von 9,25 auf 4,59 Euro eingebrochen, als das neue Premiere-Management unter Führung von Mark Williams und dem Hauptaktionär Rupert Murdoch im Oktober 2008 die Abonnentenzahl drastisch um eine Million nach unten korrigierte - in diesem Zusammenhang von einer "neuen Klassifizierung" sprach.
Ein früherer Premiere-Kollege von Kofler entgegnete in der "Süddeutschen", das sei nur gemacht worden, damit der Kurs drastisch sinke, und sich Murdoch billig mit weiteren Aktien eindecken konnte. Die News Coporation und die Staatsanwaltschaft sehen das anders.
[color="Red"]Verdacht "absolut unbegründet"[/color]
Auch die Finanzaufsicht Bafin prüfte den Fall und leitete bereits im April 2009 ein offizielles Verfahren ein. Kofler indes widerspricht allen Vorwürfe: Der Unternehmer verweist unter anderem darauf, dass es Unterschiede in der Gewichtung von Abonnenten gibt. "Da es für die Berichterstattung über Abonnements keine vorgegebenen bilanzrechtlichen Standards gibt, sind hier unterschiedliche Darstellungen möglich", heißt es in einer Erklärung von damals. Auch die aktuellen Verdächtigungen der Staatsanwaltschaft seien "absolut unbegründet".
Büros und Wohnungen waren vor kurzem gefilzt worden - im Unternehmen Sky und auch bei Kofler. Der Durchsuchungsbeschluss wirft Premiere vor, dass alle Quartalsberichte von Anfang 2006 bis Mitte 2008 unrichtige Abo-Zahlen enthalten hätten und damit der Aktienkurs geschönt worden sein soll.
Kofler stand seit 2002 an der Spitze von Premiere und brachte den Sender 2005 an die Börse. Etwa zwei Jahre später stieg er bei Premiere aus und gründete ein Energie-Unternehmen. Der heutige Sky-Deutschland-Konzern schreibt nach wie vor Verluste, verzeichnete zuletzt aber wieder Kundenzuwächse und hat rund 2,72 Millionen Abonnenten. Eins steht schon jetzt fest: Die Vergangenheit wird den Pay-TV-Anbieter noch einige Zeit beschäftigen. Auch dann, wenn sich die Vorwürfe am Ende als haltlos erweisen sollten.
quelle sat und kabel.de