1,5 Mrd. Euro Rekordstrafe gegen Kartell
Schadenersatz: EU darf auch klagen
Verbraucher in der EU haben für Computer und Fernseher wahrscheinlich jahrelang überhöhte Preise bezahlt. Die EU-Kommission schloss am Mittwoch in Brüssel die Verfahren gegen zwei Kartelle von Herstellern von Bildröhren ab, die rund zehn Jahre Absprachen zulasten der Verbraucher getroffen hatten, wie die Kommission erklärte.
Die Konzerne sollen zusammen insgesamt 1,47 Milliarden Euro Strafen zahlen - nach den Worten von Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia die „höchste Strafe“, die die Behörde in einem Kartellfall jemals verhängt hat. Bei den Unternehmen handelt es sich um Philips, Samsung, LG Electronics, Panasonic, Toshiba, Chunghwa und MTPD. Sie trafen von 1996 bis 2006 „Preisabsprachen, teilten Märkte und Kunden untereinander auf und beschränkten ihre Produktion“, urteilte die Kommission.
Philips teilte mit, die Entscheidung anfechten zu wollen. „Wir bedauern jede Assoziierung mit einem solchen Verhalten“, teilte der Konzern in Amsterdam mit. Die Kommission ist zwar die oberste Wettbewerbsbehörde in der EU, ihre Entscheidungen können aber vom Europäischen Gerichtshof aufgehoben werden.
Absprachen auf dem Golfplatz
Eins der Kartelle agierte laut Kommission im Sektor Bildröhren für Fernsehgeräte und das andere im Sektor Bildröhren für Computerbildschirme; ein Teil der Firmen war an beiden Kartellen beteiligt. Sie gehörten demnach „zu den am besten organisierten Kartellen, die die Kommission bisher untersucht hat“. Beide operierten den Ermittlungsergebnissen zufolge auf der ganzen Welt. Es wurde zum Beispiel über Preise für einzelne Abnehmer der Bildschirmteile diskutiert, berichtete die Kommission.
„Diese Kartelle sind wie aus dem Bilderbuch. Sie vereinen die schlimmsten Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln“, sagte Almunia. Die Absprachen seien besonders stark zulasten der Kunden gegangen, da die Bildröhre einst 50 bis 70 Prozent des Preises von Bildschirmen ausgemacht hat. Die Verantwortlichen hätten Preise und Marktanteile bei „grünen Treffen“ ausgemacht, die oft mit einer Runde Golf endeten.
Ein Konzern „plauderte“
Die Behörde zitierte in ihrer Mitteilung auch aus den Protokollen der Kartellteilnehmer: „Bitte entsorgen Sie diese Dokumente nach der Lektüre.“ Und in einem anderen Dokument heißt es: „Es wird zur Geheimhaltung aufgefordert, da eine Offenlegung gegenüber Kunden oder der Europäischen Kommission äußerst schädlich wäre.“ Chunghwa tat allerdings genau das: Weil der Konzern die Kommission als Erstes über die Kartelle informierte, profitierte er von einer Kronzeugenregelung und muss nichts zahlen.
Die Röhren waren der zentrale Bestandteil von Fernsehern und Bildschirmen, bevor diese durch Flachbildschirme abgelöst wurden. Philips und LG Electronics wurden gemeinsam zur Zahlung einer Strafe von 999 Mio. Euro verdonnert, Panasonic zu 157 Mio. Euro. Die bisher höchste Strafe wurde 2008 gegen ein Autoglaskartell verhängt. Sie betrug damals 1,38 Mrd. Euro.
Schadenersatzklagen möglich
In ihrer Aussendung weist die Kommission darauf hin, dass alle Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen seien, vor nationalen Gerichten auf Schadenersatz geklagt werden können. Die Behörde verweist ausdrücklich darauf, dass laut EuGH und der EU-Kartellverordnung (Verordnung 1/2003 des Rates) der Beschluss der Kommission, dass ein Kartell bestand, in Verfahren vor Gerichten als verbindlicher Nachweis rechtswidrigen Verhaltens gilt. Außerdem könne die verhängte Geldbuße nicht mindernd auf Schadenersatzansprüche angerechnet werden.
1,5 Mrd. Euro Rekordstrafe gegen Kartell - news.ORF.at
Cu
Verbogener