[h=1]„Verantwortliche mit in Haftung“[/h] „Ohne Eigenverantwortung keine Solidarität“ - auf diesen Nenner hat es die belgische Zeitung „De Standaard“ gebracht und damit nicht nur das Gefühl vieler europäischer Politiker rund um die Zypern-Rettung ausgedrückt. Manche wollen die Nachtaktion von Brüssel auch als Signal verstanden wissen: Es darf sich nicht mehr auszahlen, innerhalb der Euro-Zone einen intransparenten Bankensektor groß zu machen - den am Ende der europäische Steuerzahler retten soll.
Die deutsche Kanzerlin Angela Merkel, mit ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble maßgebliche Stimme in der Euro-Zone bei der Rettung Zyperns, beschrieb die Situation am Montag recht ungeschminkt: „Die Rettung nimmt diejenigen, die die Fehlentwicklung zu verantworten haben, mit in die Haftung.“
[h=2]Börsen zumindest zum Teil erleichtert[/h]Die Rettung Zyperns konnte die Börsen Europas nur kurzzeitig beflügeln. Dax und Euro Stoxx 50 notierten am Montagnachmittag jeweils gut 0,4 Prozent fester, nachdem sie in der Früh noch deutlich zugelegt hatten.
Die Rettung Zyperns wird aus Sicht der deutschen Banken die Euro-Zone und das Finanzsystem stärken. Die Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken finden es richtig, dass sich auch die Gläubiger und Kunden der größten zypriotischen Banken an der Rettung des Mittelmeer-Landes beteiligen.
„Im Fall Zypern wurde klargestellt, dass sich niemand ohne substanzielle Eigenbeteiligung und ohne Änderung des eigenen Verhaltens auf Rettungsmaßnahmen Dritter verlassen kann“, sagte der deutsche Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon, einst Finanzminister des Freistaats Bayern, am Montag. „Diese Erfahrung wird der Euro-Zone und damit den Finanzmärkten guttun.“
[h=2]Bankenökonom sieht hauptsächlich positive Signale[/h]Der Ökonom und Chefanalyst von Raiffeisen International, Peter Brezinschek, der am Freitag noch vor einem Kollaps der zypriotischen Wirtschaft schon in den nächsten Tagen gewarnt hatte, bewertet den nun beschlossenen Rettungsplan für das überschuldete Land positiv.
Der Plan sei für die Anleger hart, aber fair, meinte Brezinschek gegenüber Ö1. Das Rettungspaket sei fair, weil „Zypern einen Eigenbeitrag für seine Rettung auf die Beine stellen musste, und das war wahrscheinlich der Kompromiss, der hier gefunden werden konnte“, hob Brenzinschek hervor.
Die Aufregung der Zyprioten sei zwar verständlich, aber übertrieben, findet der Ökonom, immerhin würden Sparer mit Guthaben unter 100.000 Euro kein Geld verlieren. Gut sei auch, dass die zehn Mrd. Euro Hilfsgelder nicht dazu verwendet würden, die Banken auf die Beine zu bringen, sondern um die zypriotische Wirtschaft anzukurbeln. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, liegt laut Brezinschek am Versagen der Bankenaufsicht in Zypern.
[h=2]Signal: Wollten Zypern in Euro-Zone halten[/h]Die Euro-Gruppe habe keine Zweifel daran gelassen, dass sie Zypern - wenn irgendwie möglich - in der Währungsunion halten möchte, urteilt Lutz Karpowitz, Analyst bei der deutschen Commerzbank: „Damit setzt sie ein positives Zeichen für die Zukunft nach dem Motto: Wir sind bereit, jedem zu helfen, der sich wirklich helfen lassen will.“
[h=2]Experte Schulmeister: „Grundfehler passierte vor einer Woche“[/h]Die Einigung auf das Zypern-Rettungspaket ist für den Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister „deutlich besser“ als das, was noch vor einer Woche geplant war, als man auch kleine Sparer mit Einlagen bis 100.000 Euro zur Kasse bitten wollte. Insgesamt sei aber der Schaden, der dadurch entstanden sei, viel größer als der Nutzen, sagte Schulmeister am Montag.
Gemessen an den bisherigen Hilfsmilliarden, die bereits in kriselnde Euro-Staaten geflossen sind, seien die zehn Mrd. Euro, die der Inselstaat Zypern benötige, „ein Klacks“. „Der Grundfehler ist vor einer Woche gemacht worden, indem man einen anderen Weg beschritten hat als bei den bisherigen Rettungspaketen“, so der Ökonom. Anstatt über Rettungsschirme Kredite zur Verfügung zu stellen, habe man bei Zypern gleich die Sparer einspannen wollen. Und nun hätten die Euro-Finanzminister nicht noch weiter zurückrudern können, da ansonsten der Gesichtsverlust zu groß gewesen wäre.
Trotz der Einigung ortet Schulmeister noch Unsicherheiten. Es sei nicht klar, in welchem Ausmaß Anleger mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro tatsächlich zur Kasse gebeten werden. Auch hat er „gewisse Zweifel“ hinsichtlich der administrativen Durchführung der - freilich unabdingbaren - Kapitalverkehrskontrollen. Es müsse nunmehr ja bei jeder einzelnen Transaktion überprüft werden, ob es sich um Kapitalflucht handelt oder zum Beispiel um eine Überweisung, die der Finanzierung eines Imports dient. „Wie man das in den nächsten Wochen umsetzt, ohne die Wirtschaft weiter zu strangulieren, weiß ich nicht“, sagte Schulmeister.
[h=2]Vorsichtig positive Signale[/h]In der Presse sieht man am Tag nach der Zypern-Rettung vorsichtig positive Signale, erinnert aber auch an Versäumnisse der Vergangenheit. So schreibt das „WirtschaftsBlatt“ (Dienstag-Ausgabe): „Schon 2004 kam heraus, dass Griechenland sich den Eurobeitritt mit gefälschten Bilanzen erschummelt hat. Die Finanzminister sahen nobel darüber hinweg. Und dass die Bilanzsummen des zyprischen Finanzsektors im letzten Jahrzehnt auf ungesunde 800 Prozent des BIP angewachsen sind, ist seit 2007 aktenkundig. Geschehen ist: Nichts.“
„Ohne Eigenverantwortung kann keine Solidarität entstehen", erinnert die belgische Zeitung „De Standaard“: „Darum müssen zuallererst der Bankensektor und die Reichen bezahlen, denn schließlich haben sie bisher am meisten profitiert. (...) Fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise wurde die Bankenwelt noch immer nicht ausgemistet, und die Bevölkerung Europas misstraut der Bereitschaft, die Dinge in Ordnung bringen zu wollen.“
[h=2]„FAZ“: Geld aus Zypern floss ab
[/h]Wie viel Vertrauen in Zypern berechtigt ist, bleibt wohl offen. Obwohl der Zahlungsverkehr in Zypern seit einer Woche geschlossen ist, floss dennoch Geld von der Insel ab. Das will die „Frankfurter Allgemeine Zeitung “ („FAZ“) am Montag herausgefunden haben. „Vor der Zuspitzung der Krise in Zypern waren die über das Zahlungsverkehrs-System Target auflaufenden Verbindlichkeiten der zyprischen Notenbank gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB) täglich um etwa 100 bis 200 Millionen Euro gestiegen. In den vergangenen Tagen sei, nachdem das Parlament das Stabilisierungsprogramm zunächst hatte scheitern lassen, der tägliche Wert auf mehr als das Doppelte gestiegen. Allein in der vergangenen Woche könnten also Geldvermögen in Milliardenhöhe aus Zypern abgeflossen sein, obwohl die zyprische Notenbank eigentlich eine Sperre ausgesprochen hat“, schreibt die „FAZ“.
Das Signal der harten Rettung - news.ORF.at
Zypern: Russen räumen Konten leer
Während für normale Sparer die Banken jetzt bis Donnerstag geschlossen bleiben, sollen russische Oligarchen ihr Geld bereits in Sicherheit gebracht haben - über offene Zweigstellen zypriotischer Banken in London und Russland. von Michael Mross Das Chaos um Zypern wird immer größer. Erst drohte Euro-Gruppen-Boss Dijsselbloem Krisenländern mit der "Zypern-Methode" und ließ damit Euro und und Börsen crashen. Anschließend nahm er die Äußerung wieder zurück - aber für Insider ist dennoch klar, dass die "Zypern-Methode" mit fortschreitender Euro-Krise bald auch in allen anderen Ländern angewandt wird. Nicht um sonst sagt bereits die Schutzvereinigung für Kleinaktionäre, dass alle Bankkonten ab 100000 Euro von nun an unsicher seien. Doch viel dramatischer könnte werden, was sich bisher nur in Konturen abzeichnet. Die Banken auf Zypern wurden geschlossen, damit reiche Russen in Ruhe ihr Geld abziehen konnten. Ob mit dem, was dann übrig bleibt, das Rettungspaket noch funktioniert, darf bezweifelt werden. Die Wirren scheinen jedenfalls groß und dies mag auch der Grund sein, warm zypriotische Banken jetzt noch bis Donnerstag geschlossen bleiben. - Auf jeden Fall droht am Tag der Bankeneröffnung der totale Bankrun in dem Inselstaat. Doch währen die kleinen Sparer um ihre Einlagen zittern, haben die großen ihr Vermögen schon längst in Sicherheit gebracht - trotz (oder gerade wegen) der Bankschließungen, welche offenbar nur für den "Mann auf der Straße" galten. Die zypriotische Laiki Bank und die Bank of Cyprus haben nämlich Filialen in London. Diese wurden nicht geschlossen und von dort aus sollen sich russische Oligarchen bedient haben, um ihre Gelder in unbekannter Höhe aus Zypern abzuziehen. Zur "Bank of Cyprus" gehört außerdem die russische "Uniastrum Bank" - die ebenfalls nicht geschlossen wurde. Auch von dort aus wurden offenbar zyprische Konten leer geräumt. Die Frage ist, was jetzt noch übrig bleibt. Wahrscheinlich müssen die zypriotischen Behörden am Donnerstag zugeben, dass auf den Konten nicht genug Geld übrigblieb, um das Rettungspaekt durchzuziehen. Dann wäre das Chaos perfekt. |
Zypern: Russen räumen Konten leer
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