Gulag für Raubkopierer?
Geht es um Windows-Raubkopien, kennt Microsoft keine Gnade mehr. Nun setzt sich sogar Friedennobelpreisträger Michail Gorbatschow bei Bill Gates für einen russischen Lehrer ein, dem Software-Piraterie im Klassenzimmer vorgeworfen wird. Dem Beschuldigten droht die Internierung in einem sibirischen Gefangenenlager.
Sibirisches Gefangenenlager droht
Der Lehrer Alexander Ponossow wird beschuldigt, auf zwölf PC einer Klasse Raubkopien von Windows und Office verwendet zu haben. Der Lehrer hatte die Computer gekauft, offensichtlich, ohne zu wissen, dass es sich bei der mitgelieferten Software um Raubkopien handelte. Microsoft fordert 266.000 Rubel (7750 Euro) Schadensersatz. Zudem kann aufgrund der Verletzung von Urheber- und Nachbarrechten gemäß des Artikel 146 des russischen Strafgesetzbuchs eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren verhängt werden.
Zur Rettung Ponossows vor dem "Gulag" schaltete sich nun der frühere sowjetische Staatschef Gorbatschow ein und veröffentlichte einen offenen Brief an Bill Gates, in dem er um Gnade für Ponossow bittet. Der Lehrer aus einem abgelegenen Dorf im Ural habe nicht gewusst, dass er ein Verbrechen begehe. "Wir haben großen Respekt für die Arbeit der Microsoft-Programmierer und wollen keinesfalls das Prinzip in Frage stellen, dass die Verletzung geistigen Eigentums bestraft wird", schrieb Gorbatschow weiter.
"Mr. Gates – Zeigen Sie Größe!"
Doch in diesem Falle solle Microsoft Gnade vor Recht ergehen lassen und seine Klage zurück ziehen. "Diese großzügige Geste würde von all jenen enthusiastisch begrüßt werden, die in Russland Produkte von Microsoft nutzen. Einem Lehrer, der sein Leben der Erziehung von Kindern gewidmet hat und der ein kleines Gehalt bekommt, das man noch nicht einmal mit dem Gehalt eines normalen Angestellten Ihrer Firma vergleichen kann, droht die Internierung in einem sibirischen Gefangenenlager", heißt es in dem Brief, der am Montag auf der Webseite von Gorbatschows Stiftung veröffentlicht wurde.
Microsoft bleibt unnachgiebig
Microsoft jedoch versucht sich von dem Fall zu distanzieren. Das Softwareunternehmen lobt zwar die russische Regierung in ihren Bestrebungen, das geistige Eigentum Microsoft zu schützen, legt aber die Verantwortung für die Bestrafung Ponossows in die Hände der russischen Gerichte. Wie der Konzern erklärt, sei der "Fall Ponossow ein krimineller Fall". Man sei sicher, dass "die russischen Gerichte eine faire Entscheidung treffen" werden.
Putin mischt sich ein
Selbst der russische Präsident Putin sah sich mittlerweile genötigt, zu dem Fall zu äußern, und nannte die Klage "unsinnig" und "lächerlich". Die russische Regierung setze sich zwar für den Schutz des geistigen Eigentums ein, aber man dürfe dies nicht "formalistisch" machen. Er kenne zwar die Einzelheiten des Falls nicht genau, aber man sollte wie bei der Drogenbekämpfung nicht die Verbraucher verfolgen, "sondern diejenigen, die Drogen verbreiten und herstellen".
Quelle http://www.t-online.de