Heute: Verfassungsgericht verhandelt über Rundfunkgebühr
Karlsruhe - Wer zu Hause Radio hört oder Fernsehen guckt, kommt an der Rundfunkgebühr grundsätzlich nicht vorbei. Denn das Erste, das Zweite, die dritten Fernsehprogramme und die öffentlich-rechtlichen Radiosender finanzieren sich größtenteils über diese Gebühr.
Sie stieg seit den 60er Jahren von etwa 3,50 Euro kontinuierlich auf heute rund 17 Euro pro Monat. Doch die letzte Erhöhung fiel aus Sicht von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu niedrig aus. Gegen die Festsetzung der aktuellen Gebühr zogen die Sender deshalb vor das Bundesverfassungsgericht, das am Mittwoch in Karlsruhe über die Verfassungsbeschwerden mündlich verhandelt. Die klagenden Sender wenden sich gegen die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die Rundfunkgebühr nicht wie von der unabhängigen Gebührenkommission KEF vorgeschlagen um 1,09 Euro, sondern nur um 88 Cent auf 17,03 Euro pro Anschluss und Monat zu erhöhen. Diese zum 1. April 2005 festgesetzte Gebühr gilt bis Ende 2008. Die Länderregierungschefs hatten ihr Abweichen von dem KEF-Vorschlag damit begründet, dass die Rundfunkanstalten Einsparpotenziale nicht ausreichend erschlossen hätten. Zudem müsse die Belastung der Gebührenzahler angesichts der angespannten wirtschaftlich Lage angemessen sein.
ARD, ZDF und Deutschlandradio sehen im Vorgehen der Länderchefs jedoch einen unzulässigen politischen Eingriff in die Rundfunkfreiheit. Die Sender machen geltend, die Länder hätten die Vorgaben aus dem Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 nicht beachtet. So sei der Finanzbedarf der Rundfunkanstalten eine Größe, die von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung unabhängig zu beurteilen sei. Der Gesetzgeber könne den Rundfunkauftrag zwar möglicherweise neu definieren und auf diese Weise den Finanzbedarf reduzieren. Er dürfe aber nicht die Rundfunkgebühr unter Hinweis auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung "kurzerhand kappen".
Die öffentlich-rechtlichen Sender versprechen sich in Karlsruhe vor allem Klarheit über die Maßstäbe zur Gebührenfestsetzung. Sie hätten eigentlich bis zu diesem Montag ihren Finanzbedarf für die nächste Rundfunkgebührenperiode von 2009 bis 2012 bei der KEF anmelden müssen, die dann auf dieser Grundlage die künftige Rundfunkgebühr vorschlägt. Doch die Anmeldung verzögert sich - offenbar mit Blick auf die Verhandlung. Der stellvertretende KEF-Vorsitzende Heinz Fischer-Heidlberger sagte, die Rundfunkanstalten hätten darum gebeten, bis Ende dieser Woche Zeit zu haben, weil es noch "internen Abstimmungsbedarf" gebe.
Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) forderte am Montag eine "grundsätzliche Reform des Modells zur Gebührenfestsetzung". VPRT-Präsident Jürgen Doetz sagte, das Verfahren entspreche nicht mehr den verfassungsmäßigen Vorgaben. Fehler bei der Anmeldung des Finanzbedarfs der Sender durch mangelnde Binnenkontrolle in den Rundfunkanstalten könnten durch die Prüfung der KEF nicht mehr korrigiert werden. Die Anstalten könnten ihr Wachstum in neue Märkte des Multimedia-Bereichs praktisch selbst bestimmen. "Dagegen sollte das Gericht ein Signal setzen", forderte Doetz.
Auch die Zeitungsverleger forderten ARD und ZDF auf, die "Expansion ihrer Online-Angebote zu beenden". Was dort teilweise geboten werde, habe mit dem Auftrag dieser Anstalten nichts mehr zu tun. So könne es nicht öffentlich-rechtliche Aufgabe sein, Partnerschaftsbörsen zu betreiben, wie dies der WDR mit seinem Angebot "Liebesalarm" praktiziere.
In eine ähnliche Richtung zielte auch der langwierige Streit zwischen Deutschland und der EU über die Verwendung der Rundfunkgebühren bei ARD und ZDF, der nun offiziell beigelegt ist. Die EU hatte unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten geprüft, ob die Rundfunkgebühr in Deutschland eine unerlaubte Beihilfe ist. Der VPRT hatte beklagt, dass ARD und ZDF mit den Gebührengeldern kommerzielle Angebote im Internet verbreiten. Das EU-Verfahren wurde Ende April eingestellt - ohne eine Entscheidung in der Sache. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird für den Sommer erwartet. (ddp)
Quelle: Digitalfernsehen
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