Mit Dieser Tasche nicht ins Flugzeug.
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Germanwings, Flug 4U 2048 von Stuttgart nach Hamburg. Es ist Samstag 18 Uhr, an den Gepäckbändern mit den Röntgengeräten fürs Handgepäck drängen sich die Fluggäste. Einige Männer starren auf ihre Handys und Blackberries. Die nette Röntgen-Dame in blauer Uniform starrt auf meine Handtasche, die ich in die Wanne auf dem Band gelegt habe. Sie grinst. Noch. Doch dann wechselt ihr Gesichtsausdruck von amüsiert zu besorgt. Ich schaue betont unbeteiligt und frage beiläufig, ob es ein Problem gebe. Sie sagt bedauernd: „Mit dieser Tasche kann ich Sie nicht durchlassen.“Wie bitte? Meine Handtasche stammt von einem ultrahippen Designerlabel und war ziemlich teuer. Doch das ist im Moment völlig uninteressant. Von sicherheitsrelevantem Interesse ist nur das Design. Auf der Vorderseite meines Lieblingsaccessoires ist eine Pistole aus Filz aufgeklebt. So etwas kann man lustig oder ironisch finden, muss es aber nicht. Man kann auch eine Gefahr für den Flugverkehr wittern. Ich sage: „Aber das ist doch ein Fake, das sehen Sie doch, und geröntgt haben Sie die Tasche auch schon. Da ist definitiv keine Pistole drin.“ Die nette Röntgen-Dame in blauer Uniform bleibt unerbittlich. „Da muss ich meinen Vorgesetzten fragen.“ Die Schlange hinter mir wird länger. Die ersten Herren fangen an zu meckern. Der Vorgesetzte eilt herbei, lächelt nett und wackelt mit dem Kopf. „Mit der Tasche kann ich Sie nicht durchlassen. Da muss ich den zuständigen Beamten fragen.“
Der zuständige Beamte ist von der Bundespolizei und eskortiert mich zum Büro. Dort sitzt ein netter, braungebrannter Beamter in grüner Uniform. Er betrachtet amüsiert meine Tasche, und ich wiederhole meine Erklärung: „Aber das ist doch ein Fake, das sehen Sie doch. Wenn ich eine Pistole dabei hätte, würde ich sie doch nicht so einpacken, dass man sie gleich sieht …“
Das muss die Crew entscheiden
Er schaut auf die Tasche und auf mich und meint dann freundlich: „Das wissen Sie, und ich weiß es auch, dass da keine Pistole drin ist. Aber was passiert, wenn die anderen Fluggäste in Panik geraten?“ Oh weh. Dann könnte es ein großes Durcheinander in der Luft geben, einige Angsthasen würden die Notausgänge aufreißen, und der Flieger würde abstürzen. Und das alles nur wegen meiner Pistolentasche. Ich sehe mich schon die Tasche per Post nach Hause schicken und den Flug verpassen. Doch dann die Überraschung. „Das kann ich nicht entscheiden“, meint der nette, braungebrannte Beamte in grüner Uniform. „Da muss ich die Crew fragen. Sie gehen zum Gate, ich komm zum Boarding, und dann schaun wir mal.“
Ich marschiere zum Gate. Pünktlich zum Boarding taucht der Beamte auf. Er fotografiert die Pistolentasche mit dem Handy und sendet die Fotos an die Flugzeugcrew. 200 Fluggäste starren uns an und tuscheln. Dann sagt mein Grenzschützer: „So kann die Crew das nicht entscheiden, ich bring Sie mit der Tasche zum Flieger.“
Eine grüne Minna mit zwei weiteren Beamten kommt. Drei Bundespolizisten fahren meine Tasche und mich zum Airbus. An Bord erwartet uns schon die Crew. Es gibt ein großes Hallo, Bundespolizei und die Besatzung kennen sich offensichtlich. Ferienerlebnisse und Urlaubspläne werden ausgetauscht. Kapitän, Co-Pilot, Purser und Stewardessen befühlen meine Tasche. Offensichtlich nicht gefährlich. Aber was passiert, wenn die anderen Fluggäste sie sehen und in Panik geraten? Genau, dann reißen sie die Notausgänge auf, und der Flieger stürzt ab. Was tun? Schließlich macht der Flugkapitän einen Vorschlag: „Wir legen die Tasche ins Gepäckfach, bevor die anderen Gäste kommen, und Sie versprechen, dass Sie sie während des Flugs nicht mehr rausholen.“
Ich akzeptiere erleichtert. Der nette Beamte in der grünen Uniform und seine Kollegen verabschieden sich. Ich habe freie Platzwahl und setze mich in die erste Reihe. Die Tasche kommt ins Gepäckfach. 200 Fluggäste gehen an mir vorbei und schauen mich giftig an. Bestimmt sind sie neidisch, weil sie nicht mit einem Polizeiauto zum Flugzeug fahren durften.
Quelle: http://www.focus.de/reisen/fliegen…aid_132309.html
Gruß