Die Kürzung der Pendlerpauschale verstößt aus Sicht des Bundesfinanzhofs gegen die Verfassung. Die Fahrten zur Arbeitsstätte seien rein beruflich veranlasst und müssten daher bei der Steuerzahlung berücksichtigt werden, erklärte der Vorsitzende des 6. Senats, Hans-Joachim Kanzler, am Mittwoch in München. Die Kürzung der Pauschale sei daher verfassungswidrig. Zwei Klagen von Steuerzahlern leitet der Bundesfinanzhof damit zur Klärung an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe weiter.
Klärung vor dem Bundesverfassungsgericht
Die Lohnsteuerverbände sprachen von einem guten Tag für die rund 15 Millionen Pendler in Deutschland. Die Bundesregierung solle die bestehende Regelung noch vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts ändern. "Wir fordern die Politiker auf, den Mut zum Umdenken zu haben", sagte der Sprecher des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL), Ingo Bettels. Das Verfassungsgericht will noch in diesem Jahr endgültig über die Pendlerpauschale entscheiden. "Wir hoffen natürlich, dass das die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beeinflusst", sagte Kanzler. Mit der Entfernungspauschale können Arbeitnehmer ihre Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuermindernd geltend machen. Seit Januar vergangenen Jahres sind die 30 Cent aber nur noch vom 21. Entfernungskilometer an steuerlich absetzbar. Von der Neuregelung sind mehrere Millionen Steuerzahler betroffen, die früher von der Pauschale profitiert haben.
Richtungsweisende Entscheidung bereits 2007
Für Aufsehen gesorgt hatte der BFH bereits im September des vergangenen Jahres mit einer Entscheidung, nach der die Finanzämter dazu verpflichtet wurden den vollen Freibetrag auf die Lohnsteuerkarten der Steuerzahler einzutragen. In dem damals behandelten Fall hatte das niedersächsische Finanzgericht in einem Eilverfahren die Eintragung eines Lohnsteuer-Freibetrags, der die anfallenden Fahrtkosten ohne die Kürzung um 20 Kilometer erfasst, auf der Lohnsteuerkarte eins Ehepaars angeordnet. Die dagegen vom Finanzamt eingelegte Beschwerde wies der BFH im September 2007 zurück (Az. VI B 42/07). In ihrer Urteilsbegründung äußerten die Münchener Richter bereits zu diesem Zeitpunkt ernsthafte Zweifel, ob die von der Bundesregierung beschlossene Kürzung verfassungsgemäß ist.
Bund der Steuerzahler rät zum Abwarten
Pendlern geht nach Angaben des Bundes der Steuerzahler kein Geld verloren, wenn sie nichts tun und die Entscheidung der Verfassungsrichter abwarten. Der Verein empfiehlt jedoch darauf zu achten, dass der Steuerbescheid einen Vorläufigkeitsvermerk enthält. Ansonsten könnten zu viel gezahlte Steuern nicht zurückerstattet werden. Pendler können den Angaben zufolge aber auch Einspruch einlegen, wenn sie wollen, dass die ersten 20 Kilometer sofort berücksichtigt werden. Für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht die Kürzung der Pendlerpauschale jedoch nicht kippt, können Steuerrückzahlungen und sogar Zinsen fällig werden. Die so genannten "Aussetzungszinsen", die von den Finanzämtern in diesem Fall erhoben werden, betragen sechs Prozent.
Pauschale wurde oft angepasst
Die Pendlerpauschale selbst geht zurück auf die frühere rot-grüne Bundesregierung. Diese hatte 2001 eine einheitliche Entfernungspauschale unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel eingeführt. Seither konnte jeder Berufstätige den Aufwand für den Weg zur Arbeit steuerlich absetzen. Zuvor gab es nur eine reine Kilometerpauschale für Autofahrer. Berufspendler bekamen zunächst für die ersten zehn Kilometer 36 Cent erstattet und ab elf Kilometer 40 Cent. Zum 1. Januar 2004 wurde diese Pauschale auf einheitlich 30 Cent je Kilometer Entfernung vom Arbeitsplatz gekürzt. Mit dem Beginn des Jahres 2007 erfolgte dann die zweite Korrektur: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit können nur noch dann von der Steuer abgesetzt werden, wenn die Fahrtstrecke länger als 20 Kilometer ist.
Quelle: http://www.t-online.de