Jugendschützer gehen gegen DSDS vor
Jetzt werden sich Bohlen und Co. auch mal ein paar harte Worte anhören müssen: Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat ein Prüfverfahren gegen die RTL-Sendung "Deutschland sucht den Superstar" eröffnet. Die "hämische Inszenierung" von weniger talentierten Kandidaten in den Sendungen, stelle Menschen bloß und könne damit zuschauende Kinder beeinträchtigen, sagte KJM-Vorsitzender Wolf-Dieter Ring der Nachrichtenagentur ddp in München. Zudem kritisierte er, dass in der ersten Ausgabe der Zusammenfassungen die Verantwortung für den Zusammenbruch eines 17-Jährigen dem Vater in die Schuhe geschoben worden sei. "Das finde ich verlogen und scheinheilig, nachdem RTL die Kandidaten aussucht", sagte Ring.
RTL muss zur Anhörung
Die KJM prüft seinen Angaben nach nun, welche Wirkung die Ausstrahlung der Casting-Zusammenfassungen auf Kinder und Jugendliche hat. Ziel des Fernsehens müsse es sein, Kinder in ihrer Entwicklung zu gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten nicht zu stören. Die Jury aus Anja Lukaseder, Andreas Läsker und Dieter Bohlen stelle jedoch mit der brutalen Selektion ihre Auswahlkriterien als gesellschaftlich erwünscht und als Erfolgsrezept dar. "Das finde ich problematisch", sagte Ring.
Alter Hut
Ring erinnerte zugleich an ein ähnliches Verfahren vor einem Jahr. Bereits damals hatte die KJM den Sender aus Köln zum Gespräch zitiert und danach eine entsprechende Beanstandung ausgesprochen, weil die Sendung nach Einschätzung der Jugendschützer Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. Damals habe das Gespräch den Eindruck vermittelt, dass RTL die Beanstandungen bei der nächsten Staffel berücksichtigen werde. "Da hat sich aber nach dem ersten Eindruck nichts geändert", beanstandete Ring. Sollte die KJM auf ihrer nächsten Sitzung am 19. Februar nun erneut einen Verstoß feststellen, droht RTL Ring zufolge ein Bußgeld. Zuvor allerdings werde es zu einer Anhörung des Senders kommen.
Kein Anstand
Die Jugendschützer sind aber nicht die einzigen, die DSDS unter Beschuss nehmen: Der Deutsche Kulturrat sieht bei den Auswahlverfahren zum Vorentscheid für die Talentshow nicht einmal ein "Mindestmaß an Anstand" gewahrt. Geschäftsführer Olaf Zimmermann beklagte am Donnerstag in Berlin: "Offensichtlich lässt man bei DSDS vorsätzlich musikalisch unbegabte junge Menschen ins offene Messer laufen, um sie in der Öffentlichkeit bloßstellen zu können." Dies habe nichts mit einem Talentwettbewerb zu tun, sondern sei nur "billiges Entertainment auf Kosten junger Menschen". Zimmermann reagierte damit auf einen Bericht von "Spiegel Online", wonach die Kandidaten des Vorsingens zunächst von Musikredakteuren des Senders beurteilt würden, bevor sie der Jury aus Dieter Bohlen, Anja Lukaseder und Andreas Läsker vorsingen dürften. Zimmermann schlussfolgert daraus, dass offensichtlich vollständig unbegabte Menschen absichtlich ausgewählt würden, "um zur Belustigung der Fernsehzuschauer vorgeführt zu werden".
Vorcastings bestätigt
RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer bestätigte "Spiegel Online" Vorcastings. Diese gebe es aber, um die Flut der Bewerber pro Castingort zu bewältigen. Die Auswahl derjenigen, die schließlich vor der eigentlichen Jury vorsingen, "solle einem repräsentativen Gesamtdurchschnitt aller Bewerber entsprechen". "Dazu zählen die talentierten Sänger ebenso wie die weniger talentierten", zitiert der Onlinedienst die Sendersprecherin.
Gruss burmtor