Am 10. September hat Deutschlands führender Pay-TV-Anbieter Premiere (WKN: PREM11) seinen Vorstandsvorsitzenden Michael Börnicke überraschend abgesetzt. Stattdessen soll der News Corp-Mann Mark Williams die Geschicke des Marktführers leiten.
Dem Premiere-Beteiligungspartner News Corp wurde es offenbar zu bunt, insbesondere im Hinblick darauf, wie die bestehenden Baustellen angegangen wurden. Der Smartcard-Wechsel und der Wechsel auf ein neues Sicherheitssystems zogen sich hin. Börnicke versprach zuvor immer wieder, das Produktpiraterie-Problem als bald lösen zu wollen. Die Schwarzseher sollten für immer ausgesperrt werden. Möglich machen soll dies ein Wechsel von Nagravision auf das neue Verschlüsselungssystem NDS. Doch geändert hat sich bislang wenig.
Sicherheitslücke soll Ende Oktober endgültig geschlossen werden
Jetzt soll Ende Oktober endlich Schluss sein, dann will Premiere die Sicherheitslücke komplett geschlossen haben.
Das alte Verschlüsselungssystem werde dann komplett abgeschaltet, heißt es. So kann man zumindest auf das lukrative Weihnachtsgeschäft hoffen, denn inzwischen soll sich die Zahl der Schwarzseher auf 1,5 Mio. Haushalte summieren, die Premiere empfangen, ohne dafür zu bezahlen.
Möglich wurde dies durch eine Schwachstelle im Verschlüsselungssystem Nagravision. Insbesondere sogenannte Free-to-Air Receiver ließen sich mit einem illegalen Firmware-Update aus dem Internet bestücken, so dass die Entschlüsselung von Premiere nur noch ein Kinderspiel war. Mit dem Wechsel auf NDS soll damit Schluss sein.
NDS schon wieder gehackt?
Doch nachdem bereits erste Meldungen zu Jahresbeginn durchgesickert waren, dass Premiere wohl das Verschlüsselungssystem wechseln wird, haben sich findige Hacker offenbar schon an die Arbeit gemacht, bevor die Umstellung im April offiziell wurde. Inzwischen kursieren bereits Meldungen in einschlägigen Foren, wonach auch das neue NDS-System mittels Krpytoanalyse bereits gehackt wurde. Offenbar kam es dabei zu einer Sicherheitspanne, bei der Receiver Firmwareupdates unverschlüsselt über Satellit übertragen wurden, so dass der vollständige NDS-Algorithmus offen vorlag, berichten Branchenkenner.
Bestätigt ist dies freilich noch nicht, doch wird sich nach der Umstellung auf NDS schon bald zeigen, ob Premiere das Sicherheitsproblem wirklich in den Griff bekommt oder ob der Wettlauf mit den Softwarepiraten erneut beginnt…
Zahlen
Der Umsatz von Premiere lag im zweiten Quartal 2008 mit 272,4 Mio. Euro im zweiten über dem Vorjahreswert von 229,1 Mio. Euro. Es wurde ein EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 11,2 Mio. Euro erzielt (2007: 10,2 Mio. Euro). Das Ergebnis nach Abschreibungen (EBIT) lag dennoch bei minus 14,1 Mio. Euro, 2007 war es minus 12,9 Mio. Euro. Das Nettoergebnis ging, auch auf Grund eines höheren Steueraufwandes, auf minus 37,8 Mio. Euro zurück, im Vorjahr wurden minus 32,6 Mio. Euro gemeldet.
Laut Premiere sei die Problematik der Schwarzseher, die bereits im Weihnachtsgeschäft 2007 sowie im ersten Quartal 2008 für Verluste gesorgt hätte, noch nicht überwunden. Ende des zweiten Quartals 2008 zählte Premiere insgesamt rund 4,1 Millionen Kunden, davon etwa 3,5 Millionen direkte Abonnenten und circa 603.000 indirekte arena-Kunden. Damit stieg die Kundenzahl gegenüber 2007 um 2,3 Prozent an.
Ausblick
Im zweiten Halbjahr 2008 werde man, wie bereits angekündigt, die Sicherheitslücke schließen und erwarte dann auch wieder Wachstum, steigende Neukundenzahlen und einen erhöhten Umsatz je Kunde. Analysten rechnen für das laufende Jahr 2008 mit einem Jahresumsatz von 1,09 Mrd. Euro sowie mit einem Nettoverlust von 0,68 Euro je Anteil.
Im nachfolgenden Jahr 2009 soll sich das Minus bei steigenden Einnahmen reduzieren. Analysten rechnen dann mit Einnahmen von 1,19 Mrd. Euro sowie mit einem Nettoverlust von 0,21 Euro je Anteil.
Mittel- und langfristig will Premiere zehn Mio. Abonnenten gewinne und einen Umsatz von zwei bis drei Mrd. Euro erwirtschaften.
gruß kalle