Computerfirma unter Betrugsverdacht
Die Geräte des Bautzener Unternehmens knackten die Verschlüsselung des Bezahlsenders Premiere. Ermittlungen laufen gegen mehr als 1 000 Kunden.
Für über 1 000 Fernsehfans in ganz Deutschland könnte der Spaß mit dem Bezahlsender Premiere bald teuer werden. Sie hatten sich bei einer Bautzener Firma Geräte besorgt, um den Kanal kostenlos zu empfangen. Der Firmenchef sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. „Wir werden in Kürze Anklage erheben“, sagt Christopher Gerhardi, Pressesprecher der Bautzener Staatsanwaltschaft. Der Mann stehe unter dem Verdacht des Computerbetrugs. Genauso wie seine Kunden. Denn wer den Premiere-Code umgeht, macht sich strafbar. Abgewickelt wurden die Geschäfte übers Internet.
Im Bautzener Polizeirevier kümmern sich die Beamten um die Anzeigen gegen die Käufer der Geräte. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Steckkarten für den Decoder des Premiere-Fernsehsignals oder um spezielle Boxen, die an die Fernsehtechnik angeschlossen werden mussten. Sie tricksten ohne Probleme die Verschlüsselung des Bezahlsenders aus. Um die 150 Euro hätten Geräte der Bautzener Firma gekostet, sagt Kripomann Hans- Eberhard Schwarz, Leiter des Bautzener Kriminaldienstes. Zum Vergleich: Allein das Bundesliga-Monatsabo kostet bei Premiere 19,99 Euro, das gesamte Programm im Monat 53,99 Euro. „Der Sender hat Anzeige erstattet“, erklärt Schwarz.
Durch Testkäufer sei Premiere den Betrügern auf die Spur gekommen, ergänzt Roland Fleischer, stellvertretender Leiter des Polizeireviers. Von da war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Beamten auch den Kunden der Bautzener Computerfirma auf die Spur kamen. Sie ermittelten aus einem Wust von Daten Namen und Anschriften. Details wollte Schwarz allerdings nicht nennen. Die Formulare mit den Anzeigen füllen inzwischen mehrere Leitzordner. Der Kripomann wundert sich. „Eigentlich müsste den Leuten doch klar sein, dass bei dem Preisunterschied zwischen Premiere-Abo und Gerät etwas nicht in Ordnung ist.“
Zehntausende Schwarzseher
Die meisten Anzeigen gegen Kunden der Bautzener Firma leitet die Kripo an die zuständigen Polizeidienststellen in den anderen Bundesländern weiter. „Bei uns kommt aber zunächst alles an, weil hier der Sitz der Firma war“, sagt Fleischer. Die Beamten vor Ort entscheiden, wie dann weiter vorgegangen wird. Die Bautzener Staatsanwaltschaft hatte es mit elf Fällen aus der Region zu tun. Die Verfahren sollen gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt werden, so Gerhardi.
In Deutschland gibt es massenhaft Premiere-Schwarzseher. Branchenexperten gingen allein vergangenes Jahr von mehreren zehntausend aus, der Sender selbst äußert sich nicht dazu. Finanziell zu schaffen macht dem Unternehmen auch der Aboschwund. Ende 2008 zählte der Sender 2,4 Millionen Kunden, Ende 2007 waren es noch mehr als 2,5 Millionen. 2008 hat Premiere einen Verlust von 269,4 Millionen Euro gemacht.
Quelle: Sächsische Zeitung von heute