Untaugliche, aber billige Waffen für die Bundeswehr
Das Verteidigungsministerium hat Gewehre gekauft, mit denen Soldaten nichts anfangen können. Zudem soll der Auftrag rechtswidrig vergeben worden sein.
Wehrpflichtiger mit einem G36-Gewehr auf dem Truppenübungsplatz in einem Wald bei Münster
Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen die Bundeswehr und den Waffenhersteller Heckler & Koch wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen. Grund ist das erst seit wenigen Wochen an die Truppe ausgelieferte Gewehr "G3 DMR", bei dessen Auftragsvergabe es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll. Auch meldeten sich bereits mehrere Scharfschützen beim Büro des Wehrbeauftragten und beklagten sich über die aus ihrer Sicht mangelhafte Waffe. Ihr Vorwurf: Sie seien als Nutzer dieser Waffen niemals zu dem Projekt befragt worden.
Das Gewehr G3 wurde bereits 1959 in die Bundeswehr eingeführt und offiziell längst durch das G36 weitgehend ersetzt. Doch in den Gefechten in Nordafghanistan haben sich Restbestände der Waffe für die Soldaten als wertvoll erwiesen. Weil sie mit dem G3 weiter schießen können und mehr Wirkung erzielen, nutzen die Bundeswehrsoldaten das alte Gewehr, wann immer sie in Depots oder Waffenkammern noch eines finden. Auf dem zivilen Zubehörmarkt kaufen einige Soldaten selbst Ersatzteile aus früheren Bundeswehrbeständen und rüsten die Gewehre auf, um sie auf einen halbwegs modernen Stand zu bringen. Doch zumindest in einem Fall soll inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen einen Soldaten geführt werden, der sich mit einer selbst beschafften Notlösung beholfen hat.
Im Sommer 2010 erteilte die Bundeswehr erste Aufträge, um die Eigenschaften des G3 verbessern zu lassen: Als "G3 DMR" sollte die Waffe den Bedürfnissen der Scharfschützen besser entsprechen. Doch die sind unzufrieden, sehen sich damit ihrer eigenen, funktionierenden Lösungen beraubt. So soll sich das G3 DMR im Anschlag nicht entsichern lassen, weil die Daumen der Schützen zu kurz sind, um die Sicherung zu erreichen.
Ungereimtheiten gibt es bei der Entscheidung für die Beschaffung des Gewehrs. Interne E-Mails aus dem Verteidigungsministerium belegen, dass der Hersteller Heckler & Koch am 5. August 2010 bei einer Besprechung im Ministerium anwesend war. Grund dafür soll die "Systemverantwortung" gewesen sein, da die Oberndorfer Firma früher Hersteller des G3 war.
Bereits im August 2010 wurden die ersten 35 Gewehre G3 für eine Nachrüstung zum DMR von der Bundeswehr nach Oberndorf geliefert. Eine zweite Lieferung erfolgte am 8. Dezember. Doch die Vergabe des Auftrags erfolgte erst eine Woche später. Während bereits die ersten Waffen nachgerüstet wurden, holten Mitarbeiter des Ministeriums im Rahmen einer "Marktsichtung" noch Angebote von zwei Mitbewerbern ein. Im Dezember wurde von Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) und Generalinspekteur Volker Wieker schließlich das Referat "Ermittlungen in Sonderfällen" beauftragt, diesen Ungereimtheiten nachzugehen.
Dabei scheint der Hersteller unschuldig zu sein: Interne Dokumente der Firma belegen, dass der Bundeswehr zwei Optionen vorgelegt wurden, eine schnelle, billige und eine, die ausweislich des Angebots als Lösung von der Truppe favorisiert wurde. Die Bundeswehr entschied sich für die kostensparende Lösung – also gegen die Bedürfnisse der Soldaten im Einsatz.
Quelle: Afghanistan: Untaugliche, aber billige Waffen für die Bundeswehr | Politik | ZEIT ONLINE
Langsam wird's echt lächerlich mit der Sparerei.
Wer billig kauft, kauft zweimal.