[h=1][/h] Wer nicht will, dass Meldeämter seine Daten an Adresshändler und Werbetreibende herausgeben, hat Pech gehabt. Selbst ausdrücklicher Widerspruch nutzt künftig nichts mehr.
Das am Freitag im Bundestag verabschiedete Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens könnte auch Gesetz zur Rückentwicklung des Datenschutzes heißen. Denn genau das beinhaltet der von der Opposition heftig kritisierte Entwurf, der noch den Bundesrat passieren muss. Eine Gegenwehr ist kaum möglich.
Besonders verärgert sind SPD, Grüne und Linke über die beabsichtigte Aufweichung zur Weitergabe von Daten aus den Melderegistern an Adresshändler und Werbetreibende. Die Regierung hatte ursprünglich angekündigt, den Datenschutz der Bürger an dieser Stelle zu stärken. Die Weitergabe von Namen, akademischen Titeln und Anschriften sollte nur noch nach einer ausdrücklichen Einwilligung der Betroffenen möglich sein, nach einem sogenannten Opt-in. Wörtlich hieß es im Gesetzentwurf vom September 2011, die Daten dürften nicht für Werbung oder den Adresshandel verwendet werden, "es sei denn, die betroffene Person hat in die Übermittlung für jeweils diesen Zweck eingewilligt".
Doch dann protestierten Direktmarketing- und Inkassounternehmen - und die Bundesregierung knickte ein. Im nun verabschiedeten Gesetz heißt es: "Die betroffene Person hat das Recht, der Übermittlung ihrer Daten [...] zu widersprechen; sie ist auf dieses Recht bei der Anmeldung [...] sowie einmal jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung hinzuweisen." Aus dem Opt-in, also der ausdrücklichen Zustimmung, wird also ein Opt-out. Die Datenweitergabe wird damit zum Standard, es sei denn, jemand widerspricht ausdrücklich.
[h=3]Schutz wird ausgehebelt[/h] Diese schwächere Option wird außerdem durch einen Zusatz im Gesetz noch weiter entwertet. Dieser besagt, der Widerspruch gelte nicht, "wenn die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden".
Genau das ist aber eigentlich immer der Fall, kritisiert die stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Gabriele Fograscher: "Da man für die Melderegisterauskunft immer bereits vorhandene Daten benötigt, wird es sich stets um eine Bestätigung oder Berichtigung vorhandener Daten handeln. Das ist ein dramatischer Rückfall sogar hinter die Regelungen der bisherigen Gesetzeslage."
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, sieht das ähnlich. Seine Behörde weist zwar darauf hin, dass ein Widerspruch jederzeit möglich ist und dass es Musterschreiben gibt, an denen sich die Bürger orientieren können. So biete etwa das Land Berlin ein Formular zum Widerspruch gegen Auskünfte zu Wahlwerbezwecken zum Download an.
[h=3]Schaar: Widerstand ist zwecklos[/h] Eine mögliche Formulierung für den Widerspruch gegen die sogenannte einfache Melderegisterauskunft könnte auf dieser Grundlage lauten: Ich widerspreche gem. MeldFortG § 44 Abs. 1 Satz 3 der Erteilung von einfachen Melderegisterauskünften zu Zwecken der Werbung oder des Adresshandels. Dieser Widerspruch muss schriftlich beim zuständigen Meldeamt eingereicht werden, mitsamt Name, Anschrift, Datum und Unterschrift. Gegen das Modell, bei dem die Daten für eine Berichtigung abgefragt werden, hilft das aber auch nichts.
Daher kommt auch der Bundesdatenschutzbeauftragte zu der ernüchternden Einschätzung: In den meisten Fällen ist der Widerstand zwecklos.
quelle: golem.de