Sie schauen gerne Fußball in der Kneipe? Das könnte bald vorbei sein:
Sky hat die Preise für Wirte so saftig erhöht, dass diese jetzt das
Bundesliga-Abo kündigen - zum Leidwesen der Fußball-Fans.
Natürlich ist die "Domschänke" auf dem Hamburger Kiez bis auf den
letzten Platz gefüllt, wenn quasi nebenan im Millerntor-Stadion ein
Spiel des FC St. Pauli angepfiffen wird. Denn die Kneipe ist ein
Fan-Treff. Noch – denn der Besitzer Joachim Kreuzer hat das Sky-Abo zum
September gekündigt. Ein schwerer Schlag für die Anhänger der
Kiez-Kicker.
Nach einem nahezu fußballfreien Sommer startet endlich die zweite
Bundesliga. Fans, die die Spiele ihrer Lieblingsmannschaft bisher in
einer Kneipe mit Bier und Freunden gesehen haben, könnten nun eine böse
Überraschung erleben: Deutschlandweit kündigen Kneipiers ihr Sky-Abos.
Denn der Bezahlsender hat die Preise kräftig erhöht. Mehr als das Doppelte müssen manche Kneipen-Betreiber berappen. Das ist kaum zu stemmen.
Joachim Kreuzer ist stinkwütend. Der Wirt ist St. Pauli-Fan,
seit 20 Jahren hat er eine Dauerkarte. Direkt gegenüber vom
Millerntor-Stadion betreibt er die "Domschänke". Seit Jahrzehnten ist
die urige Spelunke in Familienbesitz. Die Kneipe mit 40 Plätzen ist Kult
auf dem Kiez, vor, während und nach Heimspielen versammeln sich dort
die Fans, zu Auswärtsspielen ist die Kneipe immer voll. Die Fans mögen
die familiäre Atmosphäre zum Fußball gucken, außerdem ist das Bier
günstig. Doch damit ist jetzt Schluss – denn Sky will monatlich statt
rund 221 Euro satte 475 Euro von dem Wirt haben. "Dass alles teurer
wird, habe ich verstanden. Und eine moderate Erhöhung hätte ich auch
hingenommen. Aber das ist eine Frechheit!", sagt er stern.de. Die Erhöhung für Kreuzer entspricht über 114 Prozent – und er ist mit der Preisexplosion nicht allein.
Deutschlandweite Preisexplosion
So klagen die Wirte deutschlandweis vor allem in Städten, wie Hamburg,
Berlin, aber auch Hannover, Bremen, Göttingen und natürlich im
Ruhrgebiet über den Preisanstieg. Auch in München und Stuttgart, wo die
höchste Kaufkraft in Deutschland vorhanden ist, müssen die Betreiber
mehr für das Sky-Abo ausgeben. In Bremen ziehen die Preise in einigen Kneipen um 50 Prozent an, in Berlin verdoppeln sich die Preise mitunter und in Köln
müssen die Wirte ein Plus von 40 Prozent hinnehmen. Und: Das teure Abo
muss auch in der bundesliga-freien Zeit gezahlt werden. Dann, wenn
viele Fan-Kneipen fast leer sind. Nun gehen in ganz Deutschland Wirte nun auf die Barrikaden – und kündigen das Abo. Auch der Gaststättenverband ist von den überteuerten Vorstellungen des Pay-TV-Senders entsetzt. So viele Bier könne man gar nicht verkaufen,
damit sich das Geschäft lohne, sagt der Geschäftsführer des Verband,
Christoph Becker. "Eigentlich müssten wir alle unsere Abos abmelden.
Vielleicht sieht man dann auch bei Sky ein, dass es so einfach nicht
geht", sagt Kreuzer.
Bei Sky gibt man sich gelassen. Die neue Preisstruktur
sorge nicht nur für eine Erhöhung, es gebe auch Kneipen, die weniger
zahlen müssten. "Es gibt mehrere tausend Bars, wo es künftig günstiger
wird", sagt eine Sprecherin stern.de. Das sei nicht nur in
ländlichen Gebieten so, sondern schon im Umkreis von größeren Städten
würden die Preise fallen. Bis zu 100 Euro monatlichen könne so manch ein
Wirt einsparen. Wo genau diese Kneipen sein soll, sagt die
Sky-Sprecherin nicht. Sky gibt keine Zahlen zu den Abonnementen heraus,
aber Schätzungen zufolge soll es rund 50.000 Gastronomie-Betriebe mit Fußball-Übertragung geben.
Die Erhöhung der Übertragungsrechte sei eine "faire Preisstruktur",
sagt die Sprecherin. Sky hält sich dabei an die Markforschung. Die
besagt, dass nicht nur die Größe eine Kneipe miteinzubeziehen sei,
sondern drei weitere Faktoren: Die Kaufkraft, die Sportaffinität und
die Bevölkerungsdichte in einer Region werden nun zu der Berechnung der
monatlichen Gebühren, die sich ab September erhöhen, hinzugenommen.
Kurz: Dort, wo viele Menschen leben, dort, wo es Vereine in der ersten
und zweiten Bundesliga gibt und dort, wo die Menschen genügend Geld für
Kneipenbesuche haben – dort wird es künftig teurer. Günstiger müsste
es demnach im Saarland, an den Küstenstreifen von Schleswig-Holstein
oder in den weit entlegenen Dörfern von Brandenburg werden – die
übrigen Kneipiers müssen wohl mehr zahlen. Oder das Abo kündigen.
Einige Wirte haben angekündigt die Bierpreise in den Kneipen zu
erhöhen. Für Joachim Kreuzer in Hamburg ist das keine Alternative:
"Soll ich dann auch den Bierpreis verdoppeln?"
Sky schreibt Verlust
Es ist nicht die erste Preissteigerung. Bereits 2011 mussten die Wirte
durchschnittlich 30 Prozent mehr bezahlen, 2012 würden die Preise um
weitere 10 Prozent erhöht. Für die Übbertragungsrechte der aktuellen Saison
bezahlt Sky 486 Millionen Euro. Erstmals konnte sich der Bezahlsender
alle Rechte sichern – also Fernsehen, Internet und mobile Endgeräte.
Dafür musste der Sender tief in die Tasche greifen: 216 Millionen Euro
mehr als im Vorjahr. Sky steckt in den roten Zahlen, 2014 soll endlich
die schwarze Null stehen. Nun bittet man die Wirte zur Kasse.
Dafür biete Sky aber auch ein breiteres Sportangebot. "Wen interessiert
denn Beachvollbeyball?", sagt Kreuzer dazu. Er hat gekündigt, aber
hofft dennoch, dass es eine Einigung mit dem Bezahlsender geben wird.
"Das wäre doch Mist", sagt er. Viele Fußball-Fans in Deutschland sehen
das wohl ähnlich.
Quelle : Stern Online/ Katharina Grimm