Die Unterlegenheit der Bundesligaklubs in der Champions League hat ausschließlich finanzielle Gründe – sagt Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern fordert im Interview mit WELT ONLINE eine ernsthafte Diskussion der Liga über den Einstieg von Investoren.
WELT ONLINE: Herr Rummenigge, wie beurteilen Sie die Situation der deutschen Klubs in der Champions League?
Karl-Heinz Rummenigge: Es ist einfach so, dass die deutschen Vereine in dieser Zeit überhaupt keine Chance haben. Natürlich kann man an einem guten Tag mal gegen Lyon oder die Glasgow Rangers gewinnen, aber gegen die Großen aus England, Spanien und Italien haben wir doch im Prinzip schon seit Jahren keine Chance mehr. Denn wir sind wirtschaftlich überhaupt nicht mehr konkurrenzfähig, wenn man nur mal sieht, was die Klubs aus diesen Ligen allein vom Fernsehen jährlich kassieren.
WELT ONLINE: Das Wehklagen ist jetzt groß?
Rummenigge: Was ich nicht nachvollziehen kann. Jetzt haben wir das Szenario, wovor ich seit Jahren gewarnt habe. Die Solidaritäts- und Neid-Diskussion, die es in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland gab, hat dazu geführt, dass die Spitzenvereine in Deutschland schwächer geworden sind.
WELT ONLINE: Es liegt also am Geldmangel.
Rummenigge: Ja, es ist exklusiv das Geld entscheidend – nichts anderes. Wenn sie am Transfermarkt tätig sind, wie wir das in diesem Jahr waren, brauchen sie Geld. Und wenn sie das nicht ausgeben können oder wollen, brauchen sie auch nicht gegen Real oder Chelsea anzutreten, weil sie normal keine Chance haben.
WELT ONLINE: Stuttgart, Bremen oder Schalke haben aber auch Grundsätzliches wie Einsatzwille und Kampfbereitschaft vermissen lassen.
Rummenigge: Aber das Entscheidende im Fußball ist trotzdem die Basis, also die individuelle Qualität einer Mannschaft. Die ist einfach bei anderen Mannschaften vom Grundsatz her höher, weil mehr Geld vorhanden ist. Ich habe das Thema oft angesprochen und wurde von einigen Herren in der Liga beleidigt. Jetzt jammern viele und fragen, warum wir keine Mannschaft im Konzert der Großen haben?
WELT ONLINE: Was gibt es für Möglichkeiten, die Situation zu verbessern?
Rummenigge: Die Quintessenz nach vier Spieltagen in der Champions League ist die: Die Bundesliga muss sich die Frage stellen, ob ihr die Bundesliga reicht oder ob sie international auch eine Rolle spielen will? Wenn sie sagt, die Bundesliga reicht uns, muss sie das aber bitte auch medial kommunizieren. Wenn nicht, dann müssen wir das Thema endlich seriös angehen. Denn es geht hier nämlich um die Bundesliga im internationalen Vergleich – und der ist dramatisch negativ.
WELT ONLINE: Was kann getan werden?
Rummenigge: Ich habe keine Lust, in der Öffentlichkeit eine Diskussion über den Verteilerschlüssel im Hinblick auf die Fernseheinnahmen anzuzetteln. Aber eines ist völlig klar: Wer möchte, dass der Bundesliga-Fußball international eine Rolle spielt, muss darüber nachdenken, wie wir in Deutschland zu mehr Geld kommen können. Man darf nicht glauben, dass man einem Klub wie Barcelona, Chelsea oder Manchester heutzutage mit Kreativität konkurrenzfähig begegnen kann. Das ist völlig naiv.
WELT ONLINE: Seit Monaten wird darüber diskutiert, ob sich auch der deutsche Profifußball gegenüber Investoren öffnen sollte.
Rummenigge: Ich war früher ein großer Traditionalist und dagegen. Inzwischen habe ich meine Meinung geändert. Ich finde, die Bundesliga muss sich dieser Diskussion jetzt stellen und muss hier Lösungsansätze finden, damit die Tür – wenn es gewünscht wird – aufgemacht werden kann.