Wechsel nach München vorerst ausgeschlossen
Weil er seine Frau nicht allein mit drei Kinder in London zurücklassen wollte, ist Jens Lehmanns Comeback in der Heimat geplatzt - vorerst. "Letzten Endes bin ich ein Kind der Bundesliga", betonte der Nationaltorhüter im Rahmen des "Aktuellen Sportstudio" des ZDF. Wenn nach der EM in Österreich und der Schweiz "ein gutes Angebot" käme, "könnte ich mir sehr gut vorstellen, im nächsten Jahr wieder in Deutschland zu spielen." Allerdings kaum beim deutschen Rekordmeister. Den Gerüchten um eine mögliche Veränderung an die Isar erteilte der 38-jährige Edelreservist Arsenal Londons eine klare Absage. Das klare Bekenntnis des FC Bayern zu Michael Rensing als Nachfolger Oliver Kahns sorge dafür, dass "sich die Frage nicht stellen wird".
Passieren könne alles
Allerdings schränkte Lehmann im ausführlichen Gespräch mit Moderator Michael Steinbrecher auch gleich wieder ein: "Es kann alles passieren", erinnerte der Routinier aus Marl an seine Europareise vor einem Jahrzehnt. "Ich hatte mir auch nicht den Schritt von Mailand nach Dortmund vorstellen können." Im Sommer 1998 hatte Lehmann seine Zelte in Schalke abgebrochen, um nach nur fünf Partien in der italienischen Serie A zu Jahresbeginn 1999 beim königsblauen Erzrivalen in Dortmund anzuheuern.
Frau und Kinder sollten nicht alleine bleiben in London
Viereinhalb Jahre lang hielt einer der unvergessenen deutschen WM-Helden von 2006 den Kasten des BVB sauber. Dass er es nicht auch in der Vorbereitung auf die EM tut, hat einen handfesten privaten Hintergrund: "Man fühlt sich nicht wohl, man seine Frau mit drei Kindern alleine lässt." London sei "keine heile Welt", eine Stadt der "weiten Wege", und: "Die haben bei uns schon mal eingebrochen. Und die Leute kriegen das mit, wenn ich weg bin", erläuterte Lehmann seine Beweggründe, vorerst auf der Insel zu bleiben, ganz offen.
Im Sommer kurz vor der Rückkehr nach Deutschland
Im vergangenen Sommer, verriet der eloquente Torsteher, wäre seine Frau "gerne schon nach Deutschland zurückgekommen. Wir hätten es machen können, es wäre auch eine schöne Stadt gewesen." Doch der Ehrgeiz hielt den deutschen Gastarbeiter im Mutterland des Fußballs: "Ich wollte nicht. Ich hatte mit Arsenal noch Ziele, gerade in der Champions League." Eine unerfüllte Sehnsucht Lehmanns: Am 17. Mai 2006 in Paris schied der ehemalige Essener schon nach 18 Minuten mit einer Roten Karte aus, als sein FC Arsenal gegen den FC Barcelona um die Champions-League-Krönung spielte.
Lieber FA Cup mit Arsenal spielen
Und weder die Dortmunder Borussia noch der FC Bayern München waren und sind in der laufenden Saison in der Lage, Lehmann die Champions League zu bieten. Da zieht der seit dem 19. August 2007 und einem groben Fehler gegen die Blackburn Rovers bei den Gunners ins zweite Glied versetzte Rückhalt sogar Pokaleinsätze mit Arsenal vor: "Da spiele ich selbst im FA Cup noch gegen Chelsea und ManU." Und: "Nach den Erfahrungen der letzten Spiele kann sich meine Situation schnell wieder ändern, ich schnell wieder spielen. Ich habe wieder Hoffnung." Der schob sein Trainer Arséne Wenger keinen Riegel vor: "Er spielt im Pokal. Und wenn er seinen Platz zurückgewinnt, wird er auch die anderen Spiele bestreiten."
Lehmann: "Müsste längst wieder spielen"
Lehmann, der angesichts des gestiegenen Interesses an seiner Person und seinem Privatleben vor allem die Tage vor der WM zurücksehnt, verkniff sich eine kleine Spitze trotzdem nicht: "Wenn die selben Kriterien bei anderen angelegt worden wären wie bei mir, hätte ich längst wieder gespielt." Hinter Lehmanns Formulierung "bei anderen" verbirgt sich Manuel Almunia, sein seit Monaten bevorteilter Konkurrent im Emirates Stadium. Wenger habe Lehmanns Fehler zu Saisonbeginn zum Anlass genommen, den Übergang einzuleiten: "Denn er wird bald einen neuen Torhüter brauchen."
Geld alleine...
Das gilt auch für den einen oder anderen Bundesligisten. Im Gespräch war Lehmann in Wolfsburg und München, gelandet wäre er aber um ein Haar wieder in Dortmund. Nach seiner Absage beförderte die dortige sportliche Führung Marc Ziegler, nach dem jetzt auch die Bayern ihre Finger ausstrecken, vorübergehend zur Nummer eins. Lehmann hätte es sein können. "Wenn ich aufs Geld geachtet hätte, hätte ich gehen müssen", unterstrich Lehmann. Das Leben in Deutschland sei "im Vergleich mit London" relativ günstig. "Wenn ich Geld hätte verdienen wollen, hätte ich nach Deutschland zurückgehen müssen."
EM als Höhepunkt - und Abschluss?
Der Schritt zurück in heimische Gefilde ist nur aufgeschoben. Vielleicht erfolgt er also schon nach der EM. In den beiden Nachbarländern als Nummer eins zwischen den Pfosten zu stehen, bezweifelt Lehmann nicht: "Ich bin mir dessen ziemlich sicher", allerdings könne "niemand sagen, wie es in vier oder fünf Monaten aussieht. Kein Trainer der Welt kann dir eine Garantie geben" - auch nicht Bundestrainer Joachim Löw. Für den Abend des 8. Juni ist in Klagenfurt das Auftaktspiel des WM-Dritten gegen seinen WM-Vorrundengegner Polen angesetzt. "Das Turnier wird hoffentlich ein Höhepunkt", wünscht sich Lehmann nicht zuletzt deshalb, weil sein Karriereende angesichts seiner 38 Jahre absehbar ist. "Mental bin ich frisch", unterstrich er, trotz fehlender Matchpraxis kein Selbstbewusstsein eingebüßt zu haben: "Ich habe so viele Spiele bestritten, dass ich automatisch vorher immer das Gute abrufen kann." Das bewies Lehmann
Gruss burmtor