Olympiastadien: Kahn wie einst der Kaiser
Bayern-Torwart Oliver Kahn nach dem Pokal-Triumph
Die Spieler des FC Bayern München machten sich kurz nach dem Schlusspfiff geschlossen auf den Weg in die Ostkurve des Olympiastadions. Zusammen mit ihren Fans feierten sie das 2:1 nach Verlängerung gegen Borussia Dortmund und den Gewinn des DFB-Pokals. Nur Oliver Kahn schlug eine andere Richtung ein. Der Torwart steuerte die Mittellinie an. Ganz langsam, in sich gekehrt, lief er über den Rasen. Nicht wenige fühlten sich in diesem Moment an Franz Beckenbauer im römischen Olympiastadion nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 erinnert.
Rekord-Pokalsieger
Es war zwar kein WM-Titel, den Kahn in Berlin errungen hat. Ein spezieller Moment war es allemal. In diesen Sekunden vergaß der 38-Jährige den Trubel im ausverkauften Stadion um sich herum, da war er ganz für sich. Er dachte "an die vielen Finals, die ich mit dem FC Bayern erleben durfte", wie er anschließend am Mikrofon des ZDF verriet. Sieben waren es im DFB-Pokal, sechs endeten mit dem Titelgewinn – das hat vor dem gebürtigen Karlsruher noch niemand geschafft. Der Triumph gegen den BVB beschließt das Pokal-Kapitel für den ehemaligen Nationalkeeper, am Saisonende wird Kahn aufhören.
Die entscheidenden Paraden des Wettbewerbs
Lange Zeit hatte er nicht viel zu tun. Doch dann kam die letzte Minute, und der BVB glich aus. "Diese ominöse 90. Minute verfolgt mich seit 20 Jahren. Aber mit der Zeit wird man robust. Da geht es einfach weiter", sagte Kahn später. Anders als 1999 in Barcelona gegen Manchester United ging es diesmal wirklich noch eine halbe Stunde weiter. Der FC Bayern wäre dabei in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, wenn Kahn nicht gegen Florian Kringe in der 99. Minute eine Parade gezeigt hätte, die Trainer Ottmar Hitzfeld als "einfach sensationell" bezeichnete. In der ersten Runde parierte er mit der rechten Hand den Strafstoß von Wacker Burghausens Markus Palionis und hielt sein Team damit im Wettbewerb. Diesmal war es die linke Hand, mit der er Kringes Schuss phänomenal abwehrte.
Schlichtes, aber treffendes Fazit
Hinten ein Torwart, der da ist, wenn er gebraucht wird. Vorne ein Stürmer, der "den Fuß hinhält, wenn es nötig ist", wie Dortmunds Trainer Thomas Doll frustriert feststellte. Luca Toni war in der elften und 103. Minute zur Stelle. "Hinterher fragt keiner mehr, wie der Ball rein gegangen ist", kommentierte Hitzfeld den Siegtreffer, bei dem Toni einen verunglückten Schuss von Lukas Podolski gekonnt ins Netz lenkte. Es interessierte auch nicht mehr, dass die Bayern nach gutem Beginn den Gegner ins Spiel kommen ließen. Dass sie in der Verlängerung stark unter Druck standen und nur dank Kahn nicht in Rückstand gerieten. Das wirklich Wichtige fasste Podolski kurz und knapp zusammen: "Wir haben den Pokal, der Rest ist scheißegal."
Torgarant Toni liebt Berlin
Toni baute gegen Dortmund eine atemberaubende Serie aus: Zum vierten Mal in Folge gelang dem Weltmeister ein Doppelpack, es waren seine Pflichtspieltore 34 und 35 in der laufenden Spielzeit. "Er glaubt immer dran, dass er ein, zwei oder drei Tore machen kann", lobte Hitzfeld. Der Italiener selbst fand den Sieg einfach nur "phantastisch, das ist ein Hammer." Kein Wunder, es ist sein erster Titel mit einer Klubmannschaft. Das Olympiastadion scheint ihm ganz besonders zu liegen. An selber Stelle errang 2006 mit der italienischen Nationalmannschaft gegen Frankreich den WM-Titel.
Frechdachs aus Frankreich
Zeit für ausgiebige Feiern bleibt den Bayern nicht. Am Tag nach dem Finale ist trainingsfrei, doch schon Montag beginnt die Vorbereitung auf das Halbfinale im UEFA Cup gegen Zenit St. Petersburg. Die Münchner haben noch viel vor. "Jetzt wollen wir das Triple", gab Toni nur Minuten nach dem Abpfiff bereits die Marschroute vor. Auch für Beinahe-Rentner Kahn ist in dieser Spielzeit "noch einiges drin". Aber ein bisschen Ausgelassenheit darf schon sein, dachte sich zumindest Mittelfeldspieler Franck Ribéry, schnappte sich den goldenen Pott und rannte damit Richtung Bayern-Kurve, als seine Mitspieler noch komplett auf dem für die Siegerehrung aufgebauten Podest standen.
Erreichtes genießen
Oliver Kahn
Kahn ließ es ruhiger angehen. Vor der offiziellen Zeremonie unterhielt sich der ehemalige Welttorhüter lange mit Dortmunds Kapitän Christian Wörns, den Weg zum Siegerpodest trat er betont langsam an. Sein sechster und letzter Triumph im DFB-Pokal war schließlich hart erkämpft. Warum also beeilen? "Jetzt ist es an der Zeit, das Erreichte zu genießen", befand Kahn.
Gruss burmtor