Riesiger Manipulationsskandal erschüttert Polen
Verbandsvorsitzende Michal Listkiewicz
Der Manipulationsskandal im polnischen Fußball nimmt immer größerer Dimensionen an. "Jedes Verhör bringt neue Sensationen", wird Justizminister Zbigniew Cwiakalski in der "Welt" zitiert. Nahezu alle Vereine der ersten und zweiten Liga des EM Gastgebers 2012 sollen systematisch betrogen haben. Nationalcoach Leo Beenhakker fürchtet längst Störungen bei der Vorbereitung seiner Kicker auf die EM in Österreich und der Schweiz.
Über 100 Spieler und Funktionäre in Haft
Mindestens 29 Vereine stehen im Verdacht, betrogen und gemauschelt zu haben. Über 100 Spieler, Schiedsrichter und Funktionäre befinden sich aktuell in Gewahrsam der Polizei. Der polnische Fußballverband scheint durch und durch korrupt zu sein. Bereits seit 2005 ist bekannt, dass im polnischen Fußball nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Damals stieg der GKS Katowice aus der ersten Liga ab.
Katowice-Präsident bringt Stein ins Rollen
Der Klub-Präsident deutete damals erstmals unlautere Machenschaften der Konkurrenz an. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf und stieß auf einen immer tiefer werdenden Korruptionssumpf. Die Aufarbeitung des Skandals dürfte die Staatsanwaltschaft wohl Jahre beschäftigen. Und noch immer ist das gesamte Ausmaß nicht abzusehen.
Lodz muss in die zweite Liga
Aktuell steht mit Widzew Lodz einer der großen Traditionsvereine im Focus der Öffentlichkeit. Der Klub soll in der Spielzeit 2004/05 in zwölf Fällen die Schiedsrichter bestochen haben. Lodz wird zur kommenden Saison in die zweite Liga strafversetzt. Auch der aktuelle Meister Zaglebie Lubin soll 2005 nur mit Hilfe von korrupter Geschäfte den Aufstieg geschafft haben. Bereits zuvor wurden zwei Erstligaklubs wegen des Nachweises von Korruptionsdelikten mit dem Zwangsabstieg bestraft. Arka Gdingen wurde in die zweite Liga strafversetzt. Gornik Leczna musste sogar in der dritten Liga weiterspielen.
Leo Beenhakker
Verbandsspitze reagiert
Mittlerweile hat der Vorstand des polnischen Fußballverbandes (PZPN) angekündigt, bereits drei Monate vor Ende der Amtszeit zurückzutreten. Der Verbandsvorsitzende Michal Listkiewicz entschuldigte sich bei den Fans für die "wenig wirksame" Bekämpfung der Korruption und dafür, dass der Verband "so spät" reagierte habe. Für Polens Sportminister Miroslaw Drzewiecki sieht dies als erstes Zeichen für einen "Beginn der Genesung des polnischen Fußballs".
Nationalcoach befürchtet Auswirkungen
Für Nationaltrainer Beenhakker sind die Geschehnisse in Hinblick auf die EM 2008 äußerst unglücklich. "Die Situation ist sehr übel", sagte der 65-Jährige. "Meine Rolle ist es, den Prozess der Vorbereitung auf die EM zu schützen und aus dieser Situation herauszuhalten."
Viele Nationalspieler indirekt involviert
Immerhin stehen 13 Spieler seines vorläufigen EM-Aufgebots bei einem Verein der ersten Liga in Polen unter Vertrag und sind also mindestens mittelbar von dem Skandal betroffen. Beenhakker: "Wenn wir uns treffen werden, sich mindestens 50 Prozent der Gespräche um Korruption drehen. Das ist nicht gut für unseren Fußball."
Gruss burmtor