Dreifach-Torschütze Miroslav Klose hat die DFB-Elf vor der ersten Auswärts-Niederlage in der WM-Qualifikation bewahrt. Nach wochenlanger Erfolglosigkeit erzielte der Münchner beim 3:3 (2:2) gegen Finnland alle Treffer (37./45./83.) für die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw.
Der deutschen Mannschaft drohte vor 36 000 Zuschauern im Olympiastadion von Helsinki lange Zeit die erste Länderspiel-Pleite gegen die Suomis seit 85 Jahren. Jonatan Johansson (33.), Mika Väyrynen (43.) und Daniel Sjölund (53.) hatten die finnischen Gastgeber dreimal in Front gebracht. Nach dem überraschenden Punktverlust steht die Löw-Elf im Top-Spiel der Gruppe 4 am 11. Oktober in Dortmund gegen Russland unter Druck. Die Russen kamen zu einem mühevollen 2:1 gegen Wales.
«Wir haben gute Moral bewiesen und sofort jeden Rückstand wettgemacht. Aber wenn man 3:3 spielt, hat nicht alles geklappt», bilanzierte Löw und nannte als Beispiel die Abstimmung in der Defensive. Ein Sonderlob hatte er dagegen für Klose parat: «Der Miro hat heute klasse gespielt. Vertrauen zahlt sich im Leben aus.» Der an allen Gegentoren schuldlose Torhüter Robert Enke sagte: «Wenn man dreimal nach einem Rückstand wieder zurückkommt, dann zeugt das schon von einer hohen Moral.» Innenverteidiger Heiko Westermann, der ebenso wie seine Abwehrkollegen nicht den besten Tag erwischt hatte, bekannte: «Drei Gegentore, das ist viel zu viel.»
Vier Tage nach dem lockeren 6:0-Aufgalopp in Liechtenstein blies Löws Elf in der finnischen Hauptstadt ein deutlich schärferer Wind ins Gesicht. Dass dieser die deutsche Mannschaft gleich ins Straucheln bringen würde, war indes nicht zu erwarten gewesen. Aber vor allem die Abwehr bestand ihre internationale Feuertaufe nicht. Westermann und Serdar Tasci ließen sich bei den vielen hohen Bällen der Finnen regelmäßig düpieren und stürzten damit auch Enke immer wieder in Verlegenheit. Da auch Philipp Lahm in seinem 50. Länderspiel weit von der Bestform entfernt war, bekamen die Suomis immer wieder Raum für gefährliche Angriffsaktionen. Drei Gegentore hatte es nur einmal unter Löw am 17. Oktober 2007 beim 0:3 gegen Tschechien gegeben.
Immerhin bewies Klose, der erneut den fehlenden Michael Ballack als Kapitän vertrat, nach schwachem Beginn im entscheidenden Moment lange vermisste Nervenstärke. Mit nun insgesamt 44 Treffern bei 84 Einsätzen im Nationaltrikot zog Klose in der DFB-Bestenliste an Fußball-Idol Uwe Seeler vorbei. Dagegen konnte die in Vaduz überragende linke Flügelzange mit Piotr Trochowski und Lukas Podolski dem deutschen Spiel diesmal keine Impulse geben. Vor allem Podolski fand trotz aller Laufbereitschaft überhaupt nicht in die Partie.
Auf defensive Gastgeber hatte sich die deutsche Mannschaft eingestellt und wurde überrascht, denn die Finnen zeigten sich zunächst ausgesprochen angriffslustig. In der 3. Minute ließ Johansson Länderspiel-Jubilar Lahm wie einen Anfänger stehen, fand aber keinen Abnehmer für seine scharfe Hereingabe. Die sichtlich beeindruckte deutsche Mannschaft beschwor durch einen 25 Meter- Freistoß von Trochowski (10.) erstmals Gefahr vor dem Tor von Jussi Jääskeläinen herauf. Zwei Minuten später hatte Simon Rolfes die Führung auf dem Fuß, als er sich nach Thomas Hitzlspergers Zuspiel gegen Sami Hyypiä durchsetzte und knapp vorbeischoss.
Zwölf Minuten vor dem Pausenpfiff geriet die deutsche Elf durch einen individuellen Fehler überraschend in Rückstand. Westermann verfehlte eine hohe Flanke von Roman Eremenko und irritierte damit Lahm, der Johansson nicht mehr auf dem Weg zum 1:0 stoppen konnte. 120 Sekunden zuvor hatte Klose auf der Gegenseite per Kopf die sicher scheinende Führung verpasst, doch in der 37. Minute rechtfertigte der Ersatz-Kapitän das Vertrauen von Löw, der trotz zuletzt schwacher Leistungen an ihm festgehalten hatte. Der Münchner nahm ein Zuspiel von Trochowski mit der Brust auf, lief noch ein paar Schritte und ließ Jääskeläinen im Tor der Gastgeber keine Abwehrchance.
In der Schlussphase der ersten 45 Minuten überschlugen sich auf dem holprigen Geläuf des Olympiastadion die Ereignisse. Zunächst konnte Westermann Väyrynen nicht am Torschuss hindern, der eine Flanke des überragenden Johansson volley und unhaltbar für Enke im deutschen Tor unterbrachte. Doch praktisch im Gegenzug stellte Klose wieder den Gleichstand her. Nach Hitzlsperger-Ecke scheiterte der WM-Torschützenkönig zunächst per Kopf am Suomi-Schlussmann, reagierte aber blitzschnell und traf zum 2:2.
Individuelle Schnitzer sorgten auch im zweiten Durchgang immer wieder Gefahr vor Enke, der in der 52. Minute mit einem Reflex gegen Johansson rettete. Doch wenig später war auch der Hannoveraner machtlos, als sich niemand in der Deckung für den eingewechselten Sjölund zuständig führte, der eine Väyrynen-Flanke unbedrängt zum 3:2 versenkte. Erst eine erneute Blitzreaktion von Klose sieben Minuten vor Schluss verhinderte die Pleite.
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