Der Spitzenreiter schwächelt, der Rekordmeister attackiert, die Verfolger wittern ihre Chance - der Bundesliga steht ein historischer Titelkampf bevor. 13 Tage vor dem Showdown beträgt der Vorsprung des Tabellenführers auf den Sechsten nur fünf Punkte.
Die Gomez-Gala beim 4:1 der Stuttgarter über Wolfsburg heizte die Diskussionen über den nahen Abschied von VfL-Trainer Felix Magath an. Dagegen kehrte beim FC Bayern unter der Regie von Geburtstagskind Jupp Heynckes der Glaube an eine erfolgreiche Titelverteidigung zurück. «Er hat sich selbst das wichtigste Geschenk und die Bundesliga möglicherweise so spannend gemacht wie nie zuvor», sagte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nach dem 3:1 in Cottbus.
Quasi im Alleingang sorgte der vierfache Torschütze Gomez für einen weiteren Rückschlag der Wolfsburger, die nur zwei Wochen nach dem 0:2 in Cottbus erneut eine Auswärtsschlappe hinnehmen mussten. Am Ende einer turbulenten Woche, in der der Wechsel von Magath zum FC Schalke 04 offiziell verkündet wurde, gingen die «Wölfe» in Stuttgart unter. Dennoch kam beim Verlierer niemand auf die Idee, einen Zusammenhang zwischen der bevorstehenden Trennung von Magath und dem Rückschlag herzustellen. «Magath stand doch nicht auf dem Platz, sondern wir. Er hat keine Schuld», sagte Spielmacher Zvjezdan Misimovic.
Anders als in den vergangenen Monaten nutzte Bayern die Gunst der Stunde und zog nach Punkten mit dem Spitzenreiter aus Wolfsburg gleich. Langsam, aber sicher scheinen sich die Lähmungserscheinungen aus der Klinsmann-Ära zu lösen. Mit dem 3:1 in Cottbus stellte sich das «Mir-san-mir»-Gefühl wieder ein. Nach dem zweiten Sieg unter seiner Regie kündigte Interims-Coach Heynckes, der seinen 64. Geburtstag feierte, einen starken Schlussspurt des Rekordmeisters an: «Wir werden noch besser spielen. Man sieht, dass die Mannschaft wieder enger zueinander findet.»
Dem Hamburger SV dagegen geht in der entscheidenden Phase der Meisterschaft die Luft aus. Die Mannschaft von Martin Jol unterlag im vierten Duell gegen Werder Bremen innerhalb von nur 19 Tagen durch zwei Tore von Hugo Almeida (34./49.) mit 0:2 (0:1) und fiel auf den sechsten Tabellenplatz zurück.
Neben Wolfsburg, München (beide 60 Punkte) und Stuttgart (58) gehören auch die Berliner (59) zum engsten Kreis der Titelaspiranten. Das leicht herausgespielte 2:0 über den VfL Bochum eröffnete der Mannschaft von Trainer Lucien Favre eine glänzende Ausgangsposition. «Drei Punkte in Köln - dann kann man träumen. Ich glaube, dass sowohl Wolfsburg als auch Bayern nicht alle drei Spiele gewinnen», sagte Manager Dieter Hoeneß voller Hoffnung auf einen Sieg im kommenden Spiel und die erste Meisterschaft der Berliner seit 1931.
Das Team der Stunde kommt jedoch aus Dortmund. Mit sieben Siegen in Serie verbesserte die Borussia den bisherigen Vereinsrekord aus dem Meisterjahr 2001/2002. Wie in alten, glorreichen Zeiten feierten die Fans das Team im Anschluss an das 4:0 über Karlsruhe. Die beachtliche Siegesserie schürt in der Fußball-Hochburg die Hoffnungen auf einen Platz in der neu geschaffenen Europa League. Besteht das Team auch beim Spitzenspiel in Wolfsburg, könnten die Wünsche in Erfüllung gehen. Bei allem Respekt vor den Qualitäten des Spitzenreiters gab sich BVB-Trainer Jürgen Klopp selbstbewusst: «Es ist kein guter Zeitpunkt, gegen uns zu spielen.»
Ähnlich heiß wie das Titelrennen wird der Kampf um den Klassenverbleib. Gleich fünf Teams stehen am Abgrund. Vor allem für das Schlusslicht aus Karlsruhe (23 Punkte) wird die Lage immer bedrohlicher. Manager Rolf Dohmen machte nach dem 0:4 beim BVB aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: «Wir sind zu doof. Schließlich hat die Konkurrenz mal wieder für uns gespielt.»
Doch aus den Niederlagen der Leidensgenossen aus Bochum (28) und Cottbus (27) schlug der KSC kein Kapital. So war Borussia Mönchengladbach (27) der große Gewinner des Spieltags im Abstiegskampf. Roberto Colautti (90.) sicherte den 1:0 (0:0)-Erfolg über den FC Schalke 04 und damit den Sprung auf Tabellenplatz 15. Marko Marin war zuvor mit einem Elfmeter (23.) an Schalkes Torwart Manuel Neuer gescheitert.
Bielefeld (27) grämte sich hingegen über vergebene Möglichkeiten. Bis zur 79. Minute hatte die Arminia beim 2:2 gegen Bayer Leverkusen in Führung gelegen. Deshalb hielt sich die Freude von Trainer Michael Frontzeck in Grenzen: «Ich weiß nicht, was wir verbrochen haben, dass wir nicht mal wieder ein Spiel gewinnen.»
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