Am Ende einer sensationellen Saison will der VfL Wolfsburg das Wunder seiner ersten deutschen Fußball-Meisterschaft der Vereins-Geschichte vollenden, den Rivalen bleibt nur die Hoffnung auf eine wundersame Wende.
Schon ein Punkt gegen Werder Bremen würde den «Wölfen» (66) höchstwahrscheinlich reichen, um die Meisterschale in Empfang zu nehmen. «Aber darauf werden wir uns nicht verlassen. Wir spielen auf Sieg», betonte VfL-Coach Felix Magath vor der Entscheidung, die im Fernsehen in 172 Ländern übertragen wird. Die Verfolger Bayern München und VfB Stuttgart (je 64) treten zum Duell an, dessen Sieger direkt in die Champions League einzieht. Der Verlierer könnte aber sogar noch hinter Hertha BSC (63) auf Rang vier abrutschen. Am Tabellenende machen Borussia Mönchengladbach, Arminia Bielefeld, Energie Cottbus und der Karlsruher SC den rettenden 15. Rang, Relegationsplatz 16 und zwei Direkt-Absteiger unter sich aus.
Das Original der Meisterschale kommt nach Wolfsburg, nun wollen die VfL-Asse dafür sorgen, dass die begehrte Trophäe mindestens ein Jahr in der Autostadt bleibt. Grafite (26 Tore) und Edin Dzeko (25) würden dafür sogar auf die Torjägerkrone verzichten. «Wenn jemand anderer die Tore macht und wir Meister werden, wäre das genauso schön wie selbst zu treffen», sagte Dzeko. Die Vorzeichen sind prima: Der VfL ist in dieser Saison daheim noch unbezwungen, hat 15 der 16 Partien gewonnen, zuletzt gegen Hoffenheim (4:0) und Dortmund (3:0) überzeugend. «Wenn wir wieder so spielen, dann bin ich mir sicher, wir werden gewinnen», so Nationalspieler Marcel Schäfer.
Magath hat alle VfL-Akteure fit, auch Kapitän Josué (Gelbsperre abgesessen) ist wieder dabei. «Er ist für unser Spiel von eminenter Bedeutung», sagte der Coach. Bremen dagegen kommt mit dem Schock der 1:2-UEFA-Cup-Finalpleite gegen Donezk, will aber Charakter zeigen. «Wir wollen in Wolfsburg nichts abschenken», versprach Keeper Tim Wiese. Aber: Bei Werder ist auch das DFB-Pokalfinale in einer Woche gegen Bayer Leverkusen «im Hinterkopf», gab Sebastian Boenisch zu.
Dennoch hoffen der fast entthronte Titelverteidiger FC Bayern und der 2007-Champion VfB Stuttgart noch auf ein Wunder - die Angst vor einem Scheitern im Millionen-Endspiel um Rang zwei ist aber größer. Denn die Gefahr, als Verlierer des brisanten «Süd-Gipfels» auf Platz vier und damit aus den Champions-League-Plätzen zu fallen, ist realer als die Wahrscheinlichkeit eines «Wölfe»-Blackouts. «Was in Wolfsburg passiert, ist Casino», bemerkte Bayern-Manager Uli Hoeneß, der seinen Alptraum klar benannte: «Der UEFA-Cup wäre fatal.»
Um im Kampf ums direkte Königsklassen-Ticket allen Rechenspielen aus dem Weg zu gehen, benötigen Bayern wie Schwaben einen Sieg. Denn Hertha BSC lauert. «Wir haben die Chance, etwas Außergewöhnliches zu erreichen. Ich spreche nicht vom Titel, sondern von Platz zwei», so Markus Babbel, der seine Arbeit als Teamchef ohne Trainerschein ausgerechnet in seiner Heimatstadt München krönen würde. Für Bayern wäre Rang zwei allenfalls ein Trostpreis im Jahr des gescheiterten Klinsmann-Experimentes. «Mit der Champions-League-Qualifikation hätten wir ein wichtiges Ziel erreicht», meinte Vorstandschef Karl- Heinz Rummenigge. Jupp Heynckes würde mit einem Sieg seine Fünf- Spiele-Mission zu einem akzeptablen Ende führen. An mehr mag er nicht glauben: «Alle Trümpfe liegen bei Wolfsburg. Allerdings schlug der Fußball schon die tollsten Kapriolen.»
Im Kampf um den Klassenverbleib kommt aus dem gefährdeten Quartett nur einer ungeschoren davon: Borussia Mönchengladbach (30) hat die besten Chancen vor Arminia Bielefeld, Energie Cottbus (je 27) und dem Karlsruher SC (26). Der KSC kann nur über die Relegationsspiele die Rettung schaffen, Borussia Mönchengladbach wohl nicht mehr direkt absteigen. «Wir haben uns in eine gute Ausgangslage gebracht und haben alles selbst in der Hand», sagte Gladbachs Kapitän Filip Daems.
Während die Konkurrenten allesamt zur Vorbereitung in ein Kurz- Trainingslager aufbrachen, haben die Karlsruher ihre Abläufe vor der Partie gegen Hertha BSC nicht geändert. «Wir bereiten uns auf ein ganz normales Bundesliga-Spiel vor und versuchen, uns so gut wie möglich zu präsentieren. Dann schauen wir, was auf den anderen Plätzen passiert ist», sagte Trainer Edmund Becker. Der KSC muss auf Patzer der Rivalen Bielefeld und Cottbus hoffen, um Platz 16 noch zu erreichen. Cottbus baut gegen Leverkusen auf seine Heimstärke, Bielefeld hat vor dem letzten Spiel gegen Hannover gar noch den Coach gewechselt: «Feuerwehrmann» Jörg Berger soll die Arminia retten.
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