Elf Minuten vor Schluss stand es fest: Deutschlands U-21-Nationalmannschaft wird Europameister. Soeben hatte Sandro Wagner im Endspiel gegen England das 3:0 erzielt. Selbst der sonst so abgeklärte Trainer Horst Hrubesch feierte ausgelassen an der Seitenlinie. Am Ende eines furiosen Auftritts hieß es sogar 4:0 (1:0), Wagner hatte noch einmal zugeschlagen (84.). Die anderen Treffer erzielten Gonzalo Castro (23.) und Mesut Özil (48.).
Zum ersten Mal in der EM-Geschichte sicherte sich Deutschland den Titel. Ebenfalls zum ersten Mal ist eine Nation damit gleichzeitig Europameister bei der U 17, der U 19 und der U 21. "Wir waren richtig heiß heute. Und jetzt feiern wir richtig", sagte Abwehrspieler Mats Hummels.
Khedira mit erster Chance
Nach einem solch klaren Erfolg hatte es zunächst nicht ausgesehen. In den ersten Minuten spielten die Engländer zielstrebig nach vorn und setzten die deutsche Hintermannschaft unter Druck. Schon nach drei Minuten gab es die erste Chance: Theo Walcott setzte sich im Strafraum gegen Benedikt Höwedes durch, schoss dann aber aus spitzem Winkel über das Tor von Manuel Neuer. Auf der anderen Seite kombinierten sich Sami Khedira und Mesut Özil in den Strafraum, Khedira legte zurück auf den Bremer, der jedoch aus acht Metern einen Gegenspieler anschoss (15.).
Acht Minuten später jubelte das diesmal in rot spielende DFB-Team. Özil schickte Castro steil in den Strafraum, der Leverkusener hängte Micah Richards ab und lupfte den Ball über Keeper Scott Loach ins Tor. Castro der England-Schreck - schon beim 1:1 im Gruppenspiel hatte er getroffen. Die Führung gab Sicherheit. Wie bereits über weite Strecken des Turniers stand die deutsche Defensive gut. War Torwart Neuer im Halbfinale gegen Italien (1:0) noch der Mann des Spiels, hatte er diesmal weniger zu tun. Seine Vorderleute ließen fast nichts zu. Kurz vor der Pause hatte Özil sogar noch das 2:0 auf dem Fuß, sein Freistoß ging aus 20 Metern jedoch knapp über das Tor.
Özil zieht ab, Loach patzt
Die zweite Halbzeit begann mit einem Paukenschlag: Özil zog aus 30 Metern ab und profitierte von einem Aussetzer von Keeper Loach, der den Schuss völlig falsch einschätzte und nur noch mit einer Hand an den Ball kam. Die Kugel trudelte hinter Loach ins Tor. Dies alles musste Stamm-Torhüter Joe Hart von draußen mit ansehen, der wegen einer Gelbsperre fehlte.
Beck steht goldrichtig
England brauchte einige Minuten, um sich von diesem Schock zu erholen, kam aber noch einmal ins Spiel zurück. Lee Cattermole setzte den Ball aus 20 Metern auf die Oberkante der Latte, Adam Johnson versuchte es aus Nahdistanz mit der Hacke, doch Andreas Beck klärte auf der Linie (62.). In der 70. Minute stand Beck wieder richtig und verhinderte den Anschlusstreffer nach einem Cattermole-Kopfball.
Wagner mit Doppelpack
Da die Truppe von Stuart Pearce nun hinten immer mehr aufmachen musste, ergaben sich gute Konterchancen. Die Entscheidung auf dem Fuß hatte Wagner, der nach traumhafter Vorarbeit von Özil am Ball vorbeirutschte (76.). Drei Minuten später, dieselben Protagonisten: Özil setzte Wagner ein und diesmal verwandelte der Stürmer. England war geschlagen und wurde nun sogar vorgeführt. Mit einem Distanzschuss sorgte Wagner für den Endstand. "Wir haben uns richtig in das Turnier reingebissen und ab dem Halbfinale alles abgerufen, was wir können", sagte Trainer Hrubesch. "Wir haben alles richtig gemacht. Man muss die Mannschaft loben. Es hat einfach Spaß gemacht", freute sich der Europameister von 1980: "Das ist auch ein Meilenstein für mich."
Özil holt seinen zweiten Titel
"Ich habe mit Bremen schon den Pokal gewonnen, aber das hier ist eine Europameisterschaft. Wir haben alles umgesetzt, was der Trainer gesagt hat. Damit haben wir uns das Leben leicht gemacht", sagte Özil, der auch zum besten Spieler des Abends gewählt wurde: "Ich glaube, ich habe das heute ganz gut hinbekommen."