Wenn der Name Programm ist, brechen beim VfL Bochum «herrliche» Zeiten an. Trainer-Novize Heiko Herrlich, der beim abstiegsbedrohten Revierclub als neuer Chefcoach vorgestellt wurde, soll den Verein zunächst aus dem Bundesliga-Tabellenkeller und dann in eine bessere Zukunft führen.
Dass er klare Vorstellungen hat, bewies der im hellblauen Hemd und dunklem Anzug erschienene 37 Jahre alte Ex-Nationalspieler gleich bei seinem ersten Arbeitstag. «Im Fußball ist es wie in der Natur. Dort gibt es starke und schwache Tiere. Die schwachen werden von den starken gefressen. Aber ich will der Mannschaft beibringen, zurückzubeißen und zu den starken Tieren zu gehören», sagte der frühere Stürmer fast ein wenig philosophisch.
Herrlich unterschrieb beim Liga-Vorletzten einen Vertrag bis zum 30. Juni 2012. Zuvor hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem Bochumer Buhlen um den bisherigen Coach der U 19-Nationalmannschaft nachgegeben. VfL-Aufsichtsratschef Werner Altegoer ließ durchblicken, dass die Verhandlungen nach «einigen Irritationen» nicht ganz einfach waren. Wohl erst das Machtwort von DFB-Präsident Theo Zwanziger nach einem persönlichen Gespräch auf höchster Ebene führte zum Erfolg und zur sofortigen Freigabe. «Das wichtigste war, dass Zwanziger am Ende die Entscheidung getroffen hat», gestand Altegoer, der nach 37-tägiger Suche von der Lösung überzeugt ist. «Nach den Gesprächen mit ihm sind wir sicher, den schwierigen Weg gemeinsam gehen zu wollen. Ich bin überzeugt, dass er von Erfolg gekrönt sein wird, auch wenn es ein dornenreicher Weg wird.»
Herrlich folgt in Bochum dem am 20. September entlassenen Schweizer Marcel Koller sowie Interimscoach Frank Heinemann, der das Team danach mit durchwachsenem Erfolg betreut hatte. Bereits an diesem Mittwoch (10.00 Uhr) leitet Herrlich zum ersten Mal das VfL-Training. Er kommt nicht allein, sondern bringt als neuen Co-Trainer Iraklis Metaxas mit, der acht Jahre lang Koordinator am Fußball-Stützpunkt Mittelrhein war. «Er ist ein erfahrener Trainer und eine absolute Bereicherung», sagte Herrlich, der seine Feuertaufe als Bundesliga-Coach am 1. November bei Eintracht Frankfurt feiern wird.
Die Skepsis wegen seiner fehlenden Erfahrung als Clubcoach kann er nachvollziehen. Befürchtungen, dass er deshalb scheitern könnte, hegt Herrlich aber nicht. «Es steht nirgendwo, dass einer, der noch keine Profimannschaft trainiert hat, nicht erfolgreich mit ihr arbeiten kann. Ich lebe schon seit 14 Jahren im Revier und bin froh, dass der VfL den Mut bewiesen hat, mir diese Chance zu geben», sagte er.
Für den Interimscoach und langjährigen Co-Trainer Heinemann ist dagegen kein Platz mehr bei den Profis. Er soll dem Club aber erhalten bleiben. «Wir haben mit ihm verschiedene Dinge angesprochen und werden eine Position im Verein finden, die ihm gerecht wird», erklärte Sportvorstand Thomas Ernst. Dariusz Wosz, der Heinemann zuletzt assistiert hatte, wird wie vorher die A-Junioren übernehmen.
Ernst erhofft sich von dem jungen, unverbrauchten, aber unerfahrenen Herrlich «neue Ideen» und eine engere Verzahnung mit der Amateur- und Nachwuchsabteilungen. Koller war es kaum gelungen, große Talente aus dem eigenen Haus in den Lizenzspielerkader zu integrieren. «Herrlich soll von außen einen neuen Input geben», sagte Ernst. Die Verpflichtung habe sich hingezogen, weil Herrlich mit der deutschen U 19 noch in der EM-Qualifikation steckte.
Herrlich stand seit 2007 beim DFB unter Vertrag. Seine aktive Karriere wurde im November 2000 durch eine Tumorerkrankung unterbrochen. Im September 2001 kehrte er auf die Fußball-Bühne zurück, erreichte aber nicht mehr die Klasse früherer Tage. Daher schlug er 2002 auch ein Angebot des VfL aus. Sieben Jahre später hat es dann doch noch mit einem Engagement in Bochum geklappt.
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