Den Fans bleibt nur noch die Erinnerung
Die Lauterer Fankurve - und das Spielgerät
Was mag sich der große Fritz Walter denken, wenn er derzeit von ganz oben auf den Betzenberg herabblickt, auf das, was sich in der laufenden Saison an regelmäßigen Trauerspielen in dem Stadion abspielt, das seinen glorreichen Namen trägt? Auf Erden musste der Kapitän der Weltmeister von Bern noch den ersten Abstieg seiner Roten Teufel in die Zweitklassigkeit beweinen, anno 1996. Wie Phönix aus der Asche kommend, betrat der 1. FC Kaiserslautern nur 24 Monate später den Meisterthron. Seitdem verließ die Pfälzer nicht nur Walter, sondern auch jeglicher Fußballverstand. Heutzutage erstürmt die TSG Hoffenheim ohne große Mühe den ehemals gefürchteten Berg. Der Tiefpunkt ist erreicht, auch nach Völler'scher Lesart - und die Schmerzgrenze der Fans, die ihrem Ärger Luft machen. Die gesamte Zukunft des FCK steht auf dem Spiel.
Gang nach Canossa
"Nie mehr zweite Liga" - so weit reichen Enttäuschung und Sarkasmus in der Anhängerschaft schon - skandierte so mancher nach der blamablen Eröffnung des 27. Spieltags. Rückgrat bewies Cheftrainer Milan Sasic. Der Kroate zerrte sein betröppeltes Personal vor die Westtribüne des Fritz-Walter-Stadions - direkt vor die frustrierten und aufgebrachten Fans. Mit gesenktem Kopf ertrugen sie ein gellendes Pfeifkonzert und schlichen dann wie begossene Pudel in die Kabinen. "Wir mussten uns stellen. Ich wollte, dass meine Spieler die traurigen Augen der Fans sehen, die diesen Verein über alles lieben", begründete Sasic seine erzieherische Maßnahme, "und die Gesichter dieser enttäuschten Menschen nie vergessen."
Vor dem Komplett-Aus
Der angesichts der Darbietungen einer überforderten Elf unabwendbar erscheinende Abstieg in die dritte Liga gefährdet die gesamte Existenz des chronisch klammen Zweitligisten. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass dieser Fall nicht eintreten wird", antwortete der auf seine Ablösung durch Stefan Kuntz wartende FCK-Vorstandsvorsitzende Erwin Göbel beim TV-Sender "Premiere" auf die Frage, ob sich die Fans über einen noch tieferen Fall als den in die Drittklassigkeit sorgen müssen. Das sportliche Fazit Sasics klingt wie ein Offenbarungseid: "Ich kann auf meine Spieler nicht sauer sein. Sie taten, was in ihren Möglichkeiten liegt."
Kosten nicht mehr aufzufangen
Hinter der Lizenzerteilung für den Klub steht im Fall des Abstiegs ein großes Fragezeichen. Das gab auch Göbel indirekt zu. "Wir sind in einer schwierigen Situation, denn die dritte Liga ist schwer zu planen, weil wir mit vielen Annahmen planen müssen. Es muss die Frage geklärt werden, ob unsere Partner - die Sponsoren und die Stadiongesellschaft - den Weg mitgehen werden", erklärte Göbel, dessen Klub den momentanen Unterhalt und die Miete für das Fritz-Walter-Stadion in Höhe von fünf Millionen Euro pro Jahr in der dritten Liga nicht aufbringen kann. Dort gibt es keine fünf Millionen Euro aus dem TV-Pool, sondern ganze 625.000. Der Gesamtetat des Vereins beschränkte sich auf zehn Millionen Euro. Ein Abstieg würde nicht nur das kickende Personal, sondern auch weitere Angestellte treffen. Von rund 40 Mitarbeitern in der Geschäftsstelle und im Trainingszentrum Fröhnerhof würden viele arbeitslos.
Alle fokussieren sich auf den Torjäger der 91er Meisterelf
Während Göbel, der bei einer Rückkehr von FCK-Ikone Kuntz ("Die Chancen stehen 50:50") wahrscheinlich wieder seinen früheren Posten als Finanzvorstand besetzen wird, viele Fragezeichen hinter der Zukunft des Bundesliga-Gründungsmitglieds sieht, schmieden andere im Klub bereits wieder große Pläne. "Wir wollen in drei bis fünf Jahren wieder in der Bundesliga sein. Stefan Kuntz ist Teil dieses Zukunftsprojekts, was auch unser Hauptsponsor mit uns angehen will, wenn wir ein solches Zugpferd wie Stefan Kuntz an die Spitze bringen können", sagte Aufsichtsrat Dieter Rombach, der davon ausgeht, dass der FCK im Fall Kuntz bald Vollzug meldet. "Aber da gibt es jetzt sicherlich auch Freunde, die Kuntz von einem Engagement bei dem angeblichen Chaos-Club abraten", fürchtete Aufsichtsratsmitglied Hartmut Emrich.
Beck sitzt mit im Boot
Sollte Kuntz tatsächlich auf den Betzenberg zurückkehren, dann hat dies der Klub wohl seinem Edelfan Kurt Beck zu verdanken. Der SPD-Chef dementierte jedenfalls nicht, bei dieser Personalie seine Hände im Spiel gehabt zu haben. "Mich verbindet eine langjährige Freundschaft zu Stefan Kuntz. Da ist man immer in Verbindung. Und wenn jemand nach einem Rat fragt, dann gibt man den", meinte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident vielsagend.
Eine Perspektive zurückgewinnen
Für Beck ist aber trotz einer möglichen Verpflichtung von Kuntz klar, dass der FCK kurzfristig nicht aus der Krise geführt werden kann: "Die wirtschaftlichen Probleme sind da. Ich glaube aber, man kann es schaffen. Dies muss man aber mittelfristig über fünf, sechs Jahre sehen. Ich hoffe sehr, dass mit Stefan Kuntz wieder eine langfristige Perspektive entsteht." Um zehn Jahre nach dem Gewinn der bisher letzten deutschen Meisterschaft den Weg in eine bessere Zukunft ebnen, bedarf es allerdings einer kompletten Runderneuerung des Klubs.
Gruss burmtor