Er war nie ein großer Fußballer, und doch kannte jeder Fan in Deutschland seinen Namen und verband ihn mit Schalke 04: Nun müssen die Königsblauen Abschied von Charly Neumann nehmen: Am Dienstag (11.11.) um 13.45 Uhr ist der Mannschaftsbetreuer der Knappen im Alter von 77 Jahren zu Hause friedlich gestorben.
Wie kaum ein anderer war Charly Neumann, Vereinsmitglied seit dem 1. August 1950, ein leidenschaftliches Schalker Original, dessen eigenes Gefühlsleben das Wohl und Wehe des Vereins widerspiegelte. Sein Ziel war von Anfang an klar: "Ich wollte zum FC Schalke 04 dazu gehören, immer ganz nah dabei sein."
Die ersten engeren Kontakte verschaffte er sich als junger Bäckerlehrling, welcher der Vereinslegende Ernst Kuzorra die Brötchen persönlich nach Hause brachte. Anfang der 70er Jahre bekleidete der inzwischen gelernte Bäckermeister und Gastronom dann Aufgaben im Verein: Erst wurde Charly Jugendleiter, dann übernahm er 1976 von Ede Lichterfeld das Amt des Mannschaftsbetreuers.
Als solcher stand er nun im Rampenlicht: Charly Neumann saß telegen neben Trainern wie Max Merkel und Friedel Rausch auf der Bank und war Ansprechpartner für Sorgen und Nöte der Fans, für die er immer ein offenes Ohr hatte. Die skandierten- was sonst nur Spieler und Trainern vorbehalten war - sogar bisweilen seinen Namen in der Fankurve. Als Schalke 04 1981 absteigen musste, waren es seine Tränen, die dieses Unglück für alle Knappen anschaulich dokumentierten. Weil dieser Moment fotographisch nicht festgehalten wurde, stellte Charly diese Tränen für eine Boulevard-Zeitung einen Tag später noch einmal nach. Sein persönlicher Doppelpass mit den Medien funktionierte immer perfekt...
Diese Brüche in seiner Vita - in den 70er Jahren hörte Neumann sogar Sitzungen von Vereinsgremien ab, um zu erfahren, wie man über ihn dachte - machen in der Rückschau Charlys Charme aus. In den für den Verein stürmischen 80er Jahren trug der schlitzohrige Neumann einiges zu dieser Unruhe bei. Es sprach aber immer für ihn, dass er in den 90er Jahren schließlich erkannte, dass seine allzu große Umtriebigkeit nicht immer von Nutzen für seinen geliebten FC Schalke 04 war.
Neumann änderte sich und wurde fortan als die liebenswürdige Person wahrgenommen, die er eigentlich immer gewesen ist. Wie jeder Schalker freute er sich unbändig über den UEFA-Cup-Sieg 1997 und die Gewinne des DFB-Pokals 2001 und 2002. Dann machten ihm aber immer größer werdende gesundheitliche Beschwerden zu schaffen. Zwei Schlaganfälle waren der Grund dafür, dass er seine Tätigkeit als Mannschaftsbetreuer in den vergangenen Jahren nur noch ehrenhalber ausführen könnte. Aufgrund seiner großen Verdienste um den Club wählten ihn die Vereinsmitglieder bei der Jahreshauptversammlung 2003 ins Ehrenpräsidium. Zu seinem 75. Geburtstag taufte der Club im Juli 2006 die Brücke, die vom Parkstadion zur VELTINS-Arena führt, zu seinen Ehren "Charly-Neumann-Brücke".
Im vergangenen Jahr hatte Neumann gesagt: "Bevor ich sterbe, möchte ich noch einmal mit der Schale eine Ehrenrunde in der Arena laufen. Davon träume ich fast jede Nacht." Sein großer Traum ging leider nicht in Erfüllung.
Auf dem Vereinsgelände des FC Schalke 04 werden die Vereinsflaggen in den kommenden Tagen auf Halbmast wehen. Zum Bundesligaspiel am kommenden Samstag (15.11.) bei Bayer Leverkusen treten die Knappen mit Trauerflor an.