Die Krise bei Hertha BSC ist perfekt. Angriffsschwach, kein Aufbäumen, eine Elf im Niedergang - Kapitän Arne Friedrich fand nach der 0:1 (0:0)-Niederlage in Bochum harte Worte: «Man muss ganz klar sagen, dass uns einfach Qualität fehlt. Wir haben 90 Minuten nichts zustande gebracht.»
Die dritte Pflichtspiel-Pleite nacheinander machte eines offensichtlich: Herthas Fußballer sind ohne die Abgänge Josip Simunic, Marko Pantelic und Andrej Woronin momentan nur ein Schatten des erfolgreichen Bundesliga-Teams der Saison 2008/2009. «Jeder weiß, dass wir an Substanz verloren haben», kommentierte Hertha-Coach Lucien Favre den schwachen Einstand in die neue Spielzeit. Manager Michael Preetz pflichtete bei: «Wir haben nicht das heutige Spiel gebraucht, um zu wissen, dass wir vorne noch was machen müssen.» Ein neuer Stürmer soll kommen, denn die Offensive war trotz zahlreicher guter Möglichkeiten in den zweiten 45 Minute der Schwachpunkt der Berliner. Preetz: «Wir hatten nach der Pause genügend Chancen. Die musst du machen.»
Doch sie machten nichts draus. Ganz anders der VfL: Die harten Worte von Trainer Marcel Koller nach dem 0:3 «auf Schalke» rüttelten das Revierteam wach. Mit verbissener Leidenschaft und hohem Engagement zeigte das Koller-Team die richtige Reaktion und beendete durch das 1:0 des neben Torhüter Philipp Heerwagen überragenden Spielführers Anthar Yahia (47. Minute) nicht nur den Abwärtstrend, sondern auch eine Serie von elf nicht gewonnenen Partien gegen die Berliner. Linksverteidiger Philipp Bönig lobte seinen Coach für dessen offene Ansprache nach dem Debakel von Gelsenkirchen: «Seine Worte haben gefruchtet.»
Die VfL-Fans unter den 18 853 Zuschauern im rewirpower-Stadion staunten: Von der ersten Minuten an demonstrierten die Gastgeber absoluten Willen und enormen Kampfgeist. Sie kauften den Berlinern mehr und mehr den Schneid ab. Friedrich war konsterniert nach der zweiten Niederlage im dritten Bundesligaspiel: «Das ist definitiv kein guter Saisonstart für uns. Es kann nicht sein, dass man im Profifußball durch eine Standardsituation verliert.»
Berlins Verteidiger Steve von Bergen war der «Schuldige»: Ein Handspiel des Schweizers führte kurz nach dem Wechsel zu einem Freistoß, den Joel Epalle kurz antippte und Yahia aus 17 Metern unhaltbar verwandelte. Die Hertha-Defensive öffnete die Mauer, der Rest war fast ein Kinderspiel für den Franko-Algerier Yahia. Koller war positiv überrascht von der Kaltschnäuzigkeit seines Sieg- Torschützen: «Im Training haben wir das so nicht geübt.» Dass sich seine Mannschaft trotz des ersten Erfolgs über die Berliner seit fast sieben Jahren weiter nach unten orientieren muss, gestand Koller frank und frei: «Wenn man in Bochum ist, ist Abstiegskampf ein ständiger Begleiter.»
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