20 Wochen vor dem Ernstfall haben die Bundesliga-Kollegen Joachim Löw einen Schulterschluss für den WM-Erfolg versprochen.
Trotz immer wiederkehrender Konflikte und des aktuellen Gegenwinds von Kritiker Louis van Gaal gewann der Bundestrainer bei der Tagung mit den Liga-Coaches in Stuttgart «absolut das Gefühl, dass wir als Nationalmannschaft Unterstützung erfahren». Dreieinhalb Stunden lang wurde im Hotel Steigenberger über WM-Pläne, gegensätzliche Interessen und auch die Unmutsbekundungen von Bayern-Trainer van Gaal diskutiert. Danach verkündete Jupp Heynckes, Chefcoach von Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen, die frohe WM-Botschaft: «Wir müssen alles dafür tun, unsere Spieler topfit an die Nationalmannschaft zu übergeben.»
Zwar fehlten bei der Zusammenkunft neben dem Niederländer van Gaal, der den bis zum 26. Januar laufenden DFB-Lehrgang außerhalb der Abstellperiode des Fußball-Weltverbandes FIFA als «Wahnsinn» bezeichnet hatte, einige weitere Cheftrainer wie Thomas Schaaf (Bremen), Armin Veh (Wolfsburg) und Christian Gross (Stuttgart). Doch Heynckes unterstrich das übergeordnete Interesse des deutschen Fußballs, «dass die Nationalmannschaft sehr erfolgreich in Südafrika auftritt».
«Wichtig ist, dass gerade zur WM eine rege Kommunikation stattfindet. Von Seiten der Bundesliga steht eine totale Unterstützung», versicherte Heynckes. Es gehe in Südafrika «nicht nur darum, Deutschland gut zu repräsentieren, sondern erfolgreich zu spielen. Ich denke, dass auch wir Bundesliga-Trainer da eine Verantwortung haben.» Dabei würde die Aussicht der eigenen Spieler auf eine WM-Teilnahme auch den Clubs helfen: «Jeder Spieler, der für die Nationalmannschaft in Frage kommt, ist noch mehr motiviert. Eine WM ist das Größte, was ein Spieler erreichen kann», betonte Heynckes.
Die nächste Nagelprobe für den verkündeten «WM-Frieden von Stuttgart» muss schon in drei Monaten folgen. Nach dem einzigen Test-Länderspiel vor der Nominierung seines Kaders am 3. März in München gegen Argentinien hatte Löw von der Bundesliga für den 12. bis 14. April einen weiteren Kurzlehrgang genehmigt bekommen. Zwar sind Spieler, die mit ihren Vereinen dann noch im Europacup spielen, davon befreit, trotzdem dürfte der Termin mitten im Bundesliga-Endspurt für neue Diskussionen sorgen. «Selbstverständlich wissen wir alle, dass es immer mal unterschiedliche Interessen gibt», räumte Löw ein. Der Bundestrainer will aber keinen weiteren Millimeter von seiner WM- Planung abweichen. «Wir sind die Nationalmannschaft und präsentieren Deutschland und die Liga», betonte er.
Beim Lehrgang in Stuttgart, bei dem WM-Werbeaufnahmen, ein Leistungstest und viele Einzelgespräche im Vordergrund stehen und für ein volles Tagesprogramm sorgen, machte der Bundestrainer seinen kompromisslosen WM-Kurs deutlich. Nach der Benennung seines vorläufigen 33-köpfigen Kaders rief er die jungen Neulinge um Leverkusens Shooting-Star Toni Kroos und den Münchner Thomas Müller dazu auf, beim Druck auf die etablierten Kräfte nicht nachzulassen.
«Man spürt, mit welchem Nachdruck die jungen Spieler nachdrängen, mit welcher Kraft und Dynamik sie in die Mannschaft wollen», schwärmte der Bundestrainer förmlich über den Nachwuchs. Löw verdeutlichte am Paradebeispiel von Thomas Hitzlsperger vom VfB Stuttgart zudem, dass Spielpraxis für eine WM-Nominierung unerlässlich sei: «Wenn er die ganze Rückrunde auf der Bank sitzt, ist das nicht so einfach», sagte Löw und überraschte mit der brisanten Aussage: «Bei Thomas Hitzlsperger steht möglicherweise sogar ein Transfer an.» Druck erzeugen mache aber «wenig Sinn».
Die 27 in Stuttgart angereisten WM-Kandidaten absolvierten bereits einen Werbe-Marathon, bei dem ausgerechnet die beiden Aushängeschilder Michael Ballack und Lukas Podolski zum Ärger der DFB-Top-Sponsoren fehlten. Im ersten Untergeschoss des Hotels «Le Meridien» mussten die Spieler mit einem Laufzettel von Raum zu Raum wechseln, um sich in wechselnder Aufmachung filmen und fotografieren zu lassen. «Das ist ein sehr umfangreiches Programm, gehört aber mit dazu», äußerte Löw, der die Akteure zudem zu ersten Fitness-Tests in der Molly-Schaufele-Halle unweit des Daimler-Stadions antreten ließ. «Wir werden schon jetzt alles dafür tun, um eine erfolgreiche WM zu spielen», unterstrich der Bundestrainer, der den WM-Kandidaten schon jetzt Dampf macht: «Eine gute Physis ist wichtig für das Turnier.»
© DPA